Author(s):
Fricke, Christel
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Steiger, Johann Anselm
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Veltri, Giuseppe
[English Version]
I. Philosophisch Der Terminus »R.« wird in der Philos. in einem weiteren und einem engeren Sinn verwendet. In seinem weiteren Sinn steht er für alle antiskeptischen Positionen (Skepsis/Skeptizismus: I.) in der Theorie des Seins und seiner Erkenntnis, die die einzig verläßliche Quelle für Erkenntnisgewißheit nicht in der sinnlichen Wahrnehmung, sondern in der Tätigkeit der ratio, der Vernunft (: I.) sehen. Das Paradigma für die Gewißheit (: I.) garantierende Vernunfttätigkeit liefert das mathematische Denken mit seinen Konzepten von Tautologien und deduktiven Schlüssen. In seinem engeren Sinn steht »R.« für eine bestimmte Epoche der Philosophiegesch., nämlich für die vorkantische, kontinentaleur. Philos., die vom etwa gleichzeitigen angelsächsischen Empirismus (: I.) unterschieden wird und deren wichtigste Vertreter G.W. Leibniz und dessen dt. Nachfolger Ch. Wolff und A.G. Baumgarten waren. Frühe Vertreter einer rationalistischen Theorie der Seinserkenntnis waren Demokrit und Plato. Auch in der Philos. der Neuzeit, die die wichtigsten Impulse zu ihrer Entwicklung von der Methodenreflexion in den sich entwickelnden Naturwiss. erfuhr, wurden rationalistische Theorien entwickelt (z.B. von R. Descartes, den Cambridge Platonists und I. Kant). Dabei fungierten als Grund, von dem aus auch sinnliche Wahrnehmung (: II.) und Erfahrung (: I.) als Quelle gewisser Erkenntnisse zu rechtfertigen wären, zum einen die Mathematik mit ihren Gewißheit garantierenden Methoden des Messens und Berechnens empirischer Daten, und zum anderen die Selbstgewißheit des denkenden Subjekts, das über jeden Zweifel an seiner Existenz erhaben schien. Leibniz entwickelte mit seiner »Monadologie« (Monade) eine rationalistische Theorie der Realität und Wirklichkeit. Real sind alle möglichen Monaden in allen möglichen Welten. Gott ist die Zentralmonade, sie allein existiert notwendig. Die von ihm geschaffene wirkliche Welt existiert zwar nur kontingenterweise, läßt sich aber nach dem Gewißheit garantierenden Satz des zureichenden Grundes als Werk des Schöpfergottes erklären. In dieser Welt herrscht eine prästabilierte Harmonie unendlich vieler fensterloser Monaden, die in sich unendlich komplex sind, nicht interagieren, einander aber vollständig repräsentieren und als Kraftzentren nach Klarheit und Deutlichkeit streben. – Unter dem Titel eines »krit. R.« hat K.R. Popper eine Theorie der erfahrungswiss. Erkenntnis entwickelt. R. ist für Popper nicht im Gegensatz zum Empirismus, sondern zum Irrationalismus zu verstehen. Die rationalistische Forderung, daß jede wiss. Aussage entweder durch Erfahrung oder durch Argumente zu begründen sei, ist Popp…