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Hierosylia

(102 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἱεροσυλία). In vielen griech. Poleis “Tempelraub”, Entwendung gottgeweihter Gegenstände aus einem Heiligtum, was sehr weit ausgelegt wurde (z.B. auch Unterschlagung von Silber bei staatlicher Münzprägung, Syll.3 530, Dyme in Achaia, bald nach 190 v.Chr. [2]). In Athen wurde H. im 5. Jh. vermutlich mit eisangelía verfolgt, später mit einer in die Zuständigkeit der Thesmotheten fallenden ἱεροσυλίας γραφή ( hierosylías graphḗ), in welcher Todesstrafe mit Verweigerung der Bestattung in Attika und Vermögensverfall drohten. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography…

Asebeia

(97 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀσέβεια). Verletzung der Ehrfurcht vor den Göttern wurde bei den Griechen bestraft. Tempelraub (Hierosylie) unterlag einer bes. Sanktion, Entweihung und Verspottung göttl. Dinge wurden als a. zusammengefaßt. Als Mittel der Politik wurden a.-Klagen in Athen bes. bei Verletzung der Ehrerbietung gegenüber den Staatsgöttern gegen Naturphilosophen und Sophisten angestrengt. Deren Erklärung der Welt und Infragestellung aller überkommenen Anschauungen schien die staatliche Ordnung zu gefährden. Anaxagoras, Diagoras, Protagoras und Sokrates wurden in a.-P…

Ephetai

(96 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐφέται). Im klass. Athen gab es neben dem Gerichtshof des Areios pagos in Blutsachen noch drei weitere Kollegialgerichte, die beim Palladion, beim Delphinion und in Phreatto tagten (Dikasterion) und mit 51 e. besetzt waren (Aristot. Ath. pol. 57,3f.). Dieses im Verhältnis zu den übrigen Dikasterien kleine Kollegium wurde aus Geschworenen (Dikastes) gebildet. Neuerdings nimmt man an, daß vor Solon E. auch an der Gerichtsstätte auf dem Areshügel tagten, zu denen damals allerdings noch nicht alle Bürger bestellt werden konnten. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography R…

Dikasterion

(851 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(δικαστήριον). A. Athen [English version] 1. Gerichtsstätte Es gab zwei Arten von Gerichtsstätten: solche, an denen über Tötungsverbrechen gerichtet wurde (φονικά, phoniká), und solche, an denen andere öffentliche oder private Klagen verhandelt wurden. Die ersten, fünf an der Zahl, waren aus sakralen Gründen am Stadtrand und nicht überdacht, um eine Befleckung durch den Angeklagten zu vermeiden (Antiph. 5,11; Aristot. Ath. pol. 57,4), die zweiten lagen am Markt oder in seiner unmittelbaren Nähe. Sie waren bis auf die beiden größten, die Hēliaía (Ἡλιαία) und die Stätte der ekklēsí…

Parakletos

(140 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παράκλητος, wörtl. “Herbeigerufener”). In Athen hatten die Prozeßparteien ihre Sache grundsätzlich selbst zu vertreten, allenfalls unterstützt von nahestehenden Personen, die vor den Gerichtshöfen zusätzlich das Wort ergriffen ( sýndikos , synḗgoros ). Als Unsitte (Xen. mem. 4,4; Plat. apol. 34c; Plat. leg. 934e) hatte sich eingebürgert, daß die Angeklagten, die sich im Epilog ihrer Verteidigungsrede mit der Bitte um Freispruch an die Geschworenen wandten, ihre Frau, Eltern, Kinder, Verwand…

Apographe

(100 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀπογραφή) war in Athen jede schriftliche Erklärung gegenüber einer Behörde, insbes. die Abgabe eines Verzeichnisses vom Staat einzuziehender Güter. Danach wurde auch der Antrag auf Einziehung des verzeichneten Bestandes sowie das ganze Einziehungsverfahren a. genannt [1]. Für das Verfahren war das Geschworenengericht, in der Regel unter dem Vorsitz der Elfmänner, zuständig. In Ägypten bedeutete a. die schriftliche Anzeige an eine öffentliche Behörde über den Besitz- oder Personenstand sowie die Anmeldung zum Grundbuchamt [2]. Thür, Gerhard (Graz) Biblio…

Phonos

(355 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (φόνος). Tötung eines Menschen. Wegen ph. konnten im griech. Recht die nächsten Verwandten urspr. Blutrache (A.) üben; mit Erstarken der Polis, in Athen jedenfalls seit Drakon (E. 7. Jh.v.Chr.), waren sie auf eine Privatklage ( díkē ) wegen ph. beschränkt. Diese war beim basileús (I.C.) einzubringen, in drei Vorterminen wurden von den Parteien und Zeugen feierliche Eide ( diōmosía ) geschworen. Die Entscheidung fiel je nach Qualifikation der Tat in Gerichtsversammlungen, die an verschiedenen Kultstätten tagten ( dikastḗrion A.I.): Bereits Drakon untersch…

Diomosia

(236 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (διωμοσία). Mindestens seit Drakon (vor 600 v.Chr.) hatten in Athen beide Parteien und ihre Helfer (Zeugen) im formalen Vorverfahren ( prodikasíai) zu Mordprozessen vor dem Archon Basileus einen feierlichen Eid, die D., zu leisten. Der Ankläger beschwor darin (unter Anrufung der Rachegöttinnen und anderer Gottheiten) unter Einsatz seiner eigenen Person, seines Geschlechts und seines Hauses seine Berechtigung zur Verfolgung, und daß der Angeklagte die Tat wirklich begangen habe (Antiph. 6,16; Demosth…

Enktesis

(117 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Ἔγκτησις). In den griech. Staaten war der Erwerb von Grundstücken ausschließlich den Bürgern vorbehalten. Einzelnen Ausländern wurde durch ehrenden Volksbeschluß das Privileg der E. verliehen, das Recht, “Land” oder “ein Haus” (oder beides) zu erwerben. In Athen wurden manche métoikoi damit ausgestattet, generell vielleicht die isoteleís . Im dorischen Bereich wurde statt e. der Terminus ἔμπασις/ἴμπασις ( émpasis/ ímpasis) verwendet. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography J. Pečirka, The Formula for the Grant of E. in Attic Inscriptions, 1966  A.R.W. Harrison,…

Kakotechnion dike

(104 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (κακοτεχνιῶν δίκη). Klage wegen “übler Machenschaften”, speziell in Athen gegen einen Prozeßgegner gerichtet, dessen Zeuge wegen falschen Zeugnisses ( pseudomartyrías díkē ) verurteilt worden war (Demosth. or. 47,1; 49,56). Zuständig war der Amtsträger, der auch den Hauptprozeß geleitet hatte. Den Zeugensteller traf eine an den Kläger zu bezahlende Geldbuße. Da dieser aber zumeist schon im Zeugnisprozeß eine Buße erstritten hatte, ist es wenig wahrscheinlich, daß die k.d. in jedem Fall ohne weitere Voraussetzung gegen den Zeugensteller zustand.…

Doron graphe

(152 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Δώρων γραφή). In Athen Klage wegen Bestechlichkeit (Poll. 8,42), worunter auch die Richterbestechlichkeit fiel. Aktive Bestechung im Zusammenhang mit der Gerichtsbarkeit wurde mit dekasmú graphḗ verfolgt. Tathandlung war das Geben und Annehmen von Geschenken an und durch Amtsträger, wozu auch die Anwälte in öffentlichen und privaten Prozessen gerechnet wurden (Demosth. or. 46,26), zum Schaden des Staates (Lys. 21,22: ἐπὶ τῆς πόλεως κακῷ; Demosth. or. 21,113: ἐπὶ βλάβῃ τοῦ δήμου). Die Klage wurde in leichteren Fällen bei den logistaí , in schwereren bei den the…

Adeia

(75 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἄδεια). Allg. Freiheit von Furcht; juristisch Freiheit von Strafe bzw. Strafverfolgung, wobei der Staat auf an sich rechtmäßige Straf- bzw. Verfolgungsansprüche verzichtet. Dieser Verzicht wird in Athen durch Volksbeschluß ausgesprochen (Demosth. 24,45; And. 1,77; 1,12; Lys. 13,55; IG I3 52B16; 370,31+33; 370,64, ausnahmsweise durch Ratsbeschluß (And. 1,15). In den Papyri auch: Schutz vor Unrecht, Verfügungsfreiheit, Erlaubnis, Sicherheit. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A. R. W. Harrison, The Law of Athens II, 1971, 199.

Dikazein

(157 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (δικάζειν). Das Wort (ungefähr: “Recht [aus]üben”) hängt mit der Streitbeendigung durch Urteil zusammen. Ob das Urteil urspr. vor einem “Schiedsrichter” gefällt wurde, den beide Parteien einvernehmlich bestellt hatten, ist höchst fraglich. Eher war d. in der Frühzeit die Tätigkeit eines zumindest ansatzweise mit staatlicher Autorität ausgestatteten Ältestenrates oder Funktionärs ( dikastḗs ). In welcher Form dieses d. geschah, ist ebenfalls unklar: Entweder entschied der Amtsträger in der Sache selbst oder er setzte lediglich ein form…

Diamartyria

(239 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (διαμαρτυρία). Ein sog. “Entscheidungszeugnis”, ein altertümlicher, vom normalen Zeugenbeweis verschiedener, auf einen oder mehrere Zeugen gestützter Akt mit formell feststellender Kraft, der in Athen vor allem in einem Verwaltungsverfahren über die Erbenstellung zulässig war. Eingeleitet wurde dieses Verfahren durch einen Erbschaftsanwärter, der nicht zu den Hauserben gehörte. Er beantragte die Zuweisung der Erbschaft ( epidikasía ). Dann konnte ein Hauserbe als Antragsgegner auftreten. Seine Behauptung, ‘der Nach…

Dialysis

(167 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(διάλυσις). [English version] [1] Prozeßrecht Dem Prozeßrecht der griech. Staaten lag das Prinzip zugrunde, die Streitparteien zu versöhnen (διαλύειν, dialýein). Erst wenn dies mißlang, sollte ein förmlicher Urteilsspruch die Sache entscheiden. Ein d.-Verfahren bildete den ersten Verfahrensschritt im sog. “Vorverfahren”, sowohl vor dem Gerichtsmagistrat ( anákrisis ) als auch vor den amtlichen oder privaten diaitētaí , im internationalen Schiedsverfahren und im Verfahren vor “fremden Richtern”, die aus einer oder mehreren Städt…

Anchisteia

(136 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀγχιστεία). In Athen waren die engsten Seitenverwandten als a. zusammengefaßt. Sie hatten die Pflicht, bei Mord an einem Sippenmitglied die Klage gegen den Täter zu erheben, und das Recht, einem unvorsätzlichen Täter Verzeihung (Aidesis) zu gewähren (IG I3 104,13-25). Die a. bezeichnete auch den Kreis der Erbberechtigten für den Fall, daß keine direkten Nachkommen (leibliche oder adoptierte, Eispoiesis) vorhanden waren. Die a. umfaßte 1) die vom selben Vater stammenden Brüder des Verstorbenen und deren Nachkommen, 2) entsprechend die Schw…

Lipomartyriu dike

(238 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (λιπομαρτυρίου δίκη). Klage wegen unterlassener Zeugenaussage. Das Prozeßzeugnis ( martyría ) bestand in den griech. Poleis aus einem vom Kläger oder dem Beklagten vorformulierten Satz, der dem Zeugen im Prozeß vorgesprochen wurde und den dieser durch sein bloßes Auftreten vor Gericht bestätigte. Wurde ein Zeuge von einer Prozeßpartei privat geladen (καλεῖν, kaleín, Plat. leg. 937a, PHalensis 1,222f., IPArk 17,12; προσκαλεῖν, proskaleín, Demosth. or. 49,19), hatte er zwei Möglichkeiten: Entweder er verweigerte das Zeugnis und leistete auß…

Eisagogeus

(117 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Εἰσαγωγεύς). Jeder Amtsträger, dem in Athen die Gerichtsvorstandschaft zustand (Archontes), hatte die bei ihm anhängig gemachten Prozesse in einen Gerichtshof ( dikastḗrion ) einzuführen (εἰσάγειν, eiságein) und wurde in dieser Tätigkeit auch e. genannt. Im engeren technischen Sinn war ein e. Mitglied eines fünfköpfigen Kollegiums, dem die Gerichtsvorstandschaft in gewissen eiligen Rechtssachen zustand (Aristot. Ath. pol. 52,2). Im ptolemäischen Ägypten war der e. ein vom König ernannter ständiger Beamter griech. Nationalität, der bei den …

Proeisphora

(116 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (προεισφορά, Vermögenssteuervorschuß). Da in Athen die eisphorá (Vermögenssteuer) die in Krisenzeiten nötigen Geldmittel zu langsam einbrachte, wurde (vermutlich vor 362 v. Chr.) den 300 reichsten Bürgern der Stadt die Liturgie (I.B.) auferlegt, den gesamten aufzubringenden Betrag zinslos als p. “vorzuschießen”. Unter Abzug ihres eigenen Anteils konnten sie die p. von den Mitgliedern ihrer symmoría (Steuerklasse) auf ihr eigenes Risiko eintreiben. Die p. ist auch aus anderen demokratischen Poleis überliefert (z. B. Priene und Lindos [3. 1232 f.]). Thür,…

Aidesis

(81 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (αἴδεσις). Zur Zeit Drakons (vor 600 v. Chr.) ein zwischen den Angehörigen des vorsätzlich oder unvorsätzlich Getöteten und dem Blutschuldigen abgeschlossener, vermutlich durch einen Eid bekräftigter Vertrag über die Streitbeendigung durch Zahlung des Wergeldes (IG I3 104,13; Demosth. 43,57), im 4. Jh. die einseitige, von den Angehörigen des Getöteten gewährte Verzeihung bei unvorsätzlicher Tötung. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography D. M. MacDowell, Athenian Homicide Law, 1963, 123 ff.  A. R. W. Harrison, The Law of Athens II, 1971, 78.

Graphe

(254 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(γραφή). [English version] [1] Klageschrift Wörtlich “Schrift”, hatte g. im Prozeßrecht der griech. Poleis allg. die Bedeutung “Klageschrift” (Demosth. or. 45; 46; vgl. auch IPArk 17; 114/5; 178 aus Stymphalos und SEG 27, 545, 27 und 33 aus Samos). Speziell in Athen wurde g. im eigentlichen Sinne von “Schriftklage” gebraucht, die jeder unbescholtene Bürger (ὁ βουλόμενος, “jeder, der will”) gegen Personen erheben konnte, welche bestimmte öffentliche Interessen verletzten, während der privat in seinen Rechten Verletzte sich mit díkē [2] wehren konnte. Diese Unterscheidung …

Paragraphe

(272 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παραγραφή, abgeleitet von παραγράφειν ( paragráphein, “etwas danebenschreiben”) bezeichnet in der griech. Rechtssprache unterschiedliche Einrichtungen. Speziell im Recht Athens hatte ein Beklagter, der vorbrachte, entgegen der Amnestie von 403/02 v.Chr. (s. triákonta ) verklagt zu werden, aufgrund eines von Archinos eingebrachten Gesetzes die Möglichkeit, der Klageschrift “beizuschreiben”, die díkē [2] ‘sei nicht einführbar’ (μὴ εἰσαγώγιμον εἶναι, mē eisagṓgimon eínai; Isokr. 18,2f.). In der Folge hatte das dikastḗrion [2] in einem getrennten …

Bebaiosis

(194 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (βεβαίωσις) bedeutet in Rechtsgeschäften, durch die der Besitz einer Sache übertragen wurde, also in Kaufverträgen [4. 115f.], Gebrauchsüberlassungsverträgen (μισθώσεις, misthṓseis [3. 141; 4. 122]) und mit παράδοσις ( parádosis) verbundenen Arrhalverträgen, die Zusage des bisherigen Besitzers gegenüber dem Erwerber, den übertragenen Besitz nicht zu stören (in den Papyrus-Urkunden: μὴ ἐπελεύσεσθαι, mḗ epeleúsesthai) sowie ihn gegen Angriffe Dritter zu verteidigen [1. 357, 360, 444]. Gegen Verletzung dieses Versprechens war der…

Dekasmu graphe

(133 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Δεκασμοῦ γραφή). In Athen Klage wegen aktiver Richterbestechung (Demosth. or. 46,26; s.a. Poll. 8,42; Harpokr. s.v. Δ. γ.). Sie betraf das Anbieten oder Gewähren von Vorteilen an einen Gerichtsvorstand, ein Mitglied eines Geschworenengerichtes, des Rates oder der Volksversammlung in der Absicht, eine Rechtssache, deren Leitung oder Entscheidung diesen oblag, zugunsten oder zum Nachteil eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden. Der Tatbestand der d.g. war spezieller als jener der passiven Bestechlichkeit ( dṓrōn graphḗ ), der …

Katachorizein

(98 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (καταχωρίζειν). Allg. “einreihen”, auch mil., in der hell. Kanzleisprache speziell “registrieren, in eine Liste aufnehmen”. So wurden z.B. im griech. Mutterland einfache Volksbeschlüsse (bes. Ehrungen) gegen Aufhebung geschützt, indem man sie formell unter die Gesetze “einreihte”. Im röm. Ägypten konnte k. jede Eintragung in eine Liste bezeichnen, wichtig vor allem die Einverleibung der Urkundenabschrift in die bibliothḗkē enktḗseōn (Grundbuch). K. konnte auch eine Anzeige gegen unbekannte Täter bedeuten; der Verletzte stellte den Antrag…

Prorrhesis

(105 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (πρόρρησις, wörtlich “Verkündigung”). Die p. ist urspr. ein Kampfmittel des Bluträchers (Blutrache) gegen den der Bluttat Bezichtigten. Wird jemand von einem, der nach dem Gesetz Drakons zur Blutrache berechtigt ist (IG I3 104,20-33; Demosth. or. 42,57), öffentlich als Mörder (Mord) angesprochen, hat er sich bis zum Blutprozeß ( phónos ) von der Agora und allen geheiligten Stätten fernzuhalten. Insgesamt gab es drei Gelegenheiten zur p.: am Grab des Ermordeten, auf der Agora und durch den Basileus (C.) (Aristot. Ath. pol. 57,2). Nur die let…

Moicheia

(288 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (μοιχεία). Im griech. Recht heimlicher Geschlechtsverkehr mit einer freien, ehrbaren Frau gegen den Willen ihres kýrios (II.). Es ging also nicht nur um “Ehebruch”, sondern um die Verletzung der Familienehre; beleidigt war auch der nächste männliche Verwandte einer unverheirateten Frau. Nur der Vorstand des Hausverbandes ( oíkos ) sollte über Sexualität der Frau, Familienbeziehungen und Nachkommenschaft entscheiden. Drang ein Mann in diese Beziehung ein, verfiel er der privaten Rache. Er durfte, auf frischer Tat ertappt (Lys. 1,30; 13,66), vom kýrios oder …

Chrematistai

(83 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Χρηματισταί). Im ptolem. Ägypten vom König delegierte Richter für Fiskal- und Zivilsachen für alle Teile der Bevölkerung. Vermutlich wurden sie im 2.Jh. v.Chr. eingeführt. Die Spruchkörper waren für einzelne oder auch, zusammengefaßt, für mehrere Gaue zuständig. Auf dem Lande verfielen die Ch.-Kammern in der frühen röm. Kaiserzeit, in Alexandreia sind sie mit etwas modifiziertem Aufgabenbereich bis in das 3.Jh. n.Chr. nachweisbar. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography H.J. Wolff, Das Justizwesen der Ptolemäer, 21970  H.A. Rupprecht, Einführung in die Pap…

Hypomosia

(145 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ὑπωμοσία). In Athen zwei Arten von eidlichen Erklärungen: 1. Im Prozeß konnte eine Partei selbst oder durch einen Vertreter den Antrag auf Vertagung stellen (Demosth. or. 48,25f.; schol. Demosth. or. 21,84), wenn wichtige Gründe vorlagen, wie Reise oder Begräbnispflichten. Der Gegner konnte dies durch ἀντωμοσία ( antōmosía, Gegeneid) bestreiten. 2. Wurde im Rat ( bulḗ ) oder in der Volksversammlung ( ekklēsía ) über einen Antrag verhandelt, konnte jeder Bürger bis zum Schluß der Verhandlung durch h. erklären, er werde gegen den Antragsteller eine Klage …

Eranos

(180 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(ἔρανος). Das etym. nicht sicher erklärte Wort bedeutete urspr. “Freundesmahl” (Hom. Od., Pind.). Die Kosten wurden von den Teilnehmern gemeinsam getragen. Auch Sammlungen von Freunden, um einem ein Geschenk zu machen, hießen éranoi. Gegengeschenke waren bloß sittliche, aber keine Rechtspflicht (Theophr. char. 17,9). Auf dieser Grundlage bildeten sich zwei rechtliche Institutionen heraus: [English version] [1] Sammelvermögen Eine Art Sammelvermögen. Die von einer Mehrzahl von Personen ( plērōtaí, Demosth. or. 21,184f.) zusammengebrachten Mittel ( eisphoraí) wurden zu…

Kategoros

(130 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (κατήγορος). In Athen “Ankläger”. Das öffentliche Strafrecht beruhte dort auf dem Prinzip der Popularklage ( graphḗ ), eigene Anklagebehörden gab es nicht. Gleichwohl konnte in Fällen, die den Staat selbst unmittelbar gefährdeten, der Rat oder die Volksversammlung Bürger bestimmen, welche die Interessen des Staates vertraten, ohne selbst Amtsträger zu sein: sie wurden k., häufiger noch synḗgoros (“Anwalt”) genannt (Vertretung der Demen: Aristot. Ath. pol. 42,1; IG II2 1196; 1205). Die Volksversammlung konnte in solchen Fällen dem Areios pagos d…

Parakatatheke

(360 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παρακαταθήκη). Abgeleitet vom Verbum παρακατατίθεσθαι ( para-kata-títhesthai, hinterlegen) wird im gesamten griech. Bereich das Subst. p., auch parathḗkē, für eine Reihe von Rechtsverhältnissen gebraucht, in welchen Sachen oder Personen jemandem unter Treuepflicht zur Obhut anvertraut werden. Obwohl der Ausdruck in der byz. Rechtslit. als Übers. des röm. depositum verwendet wird, umfaßt die griech. p. einen weiteren Bereich. So waren dem Empfänger Gebrauch oder Verbrauch des Verwahrgutes gestattet, ohne daß deshalb - entsprechend dem depositum irregu…

Atimia

(160 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀτιμία). Ehrlosigkeit im Sinne von Aberkennung der bürgerlichen Rechte, die gerichtlich ausgesprochen werden muß, um rechtswirksam zu sein. A. kann auf die Erfüllung bestimmter Tatbestände als Strafe gesetzt sein (Fahnenflucht, Beamtenbestechung, dreimaliges falsches Zeugnis, Mißhandlung der Eltern u.a.) oder sie wird bei der dokimasía (persönliche Überprüfung) festgestellt, wenn vor Beamtenbestellung die ἐπιτιμια ( epitimía, das Vollbürgerrecht) überprüft wird. Die epitimia kann erloschen sein, wenn Geisteskrankheit, Verschwendung oder…

Apokeryxis

(140 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀποκήρυξις). In Athen galt das gesetzliche Erbrecht der ehelichen Söhne zwingend, Enterbung war nicht möglich. Wohl aber konnte der Vater sich zu Lebzeiten öffentlich von einem Sohn durch a. lossagen und diesen so von der Erbschaft ausschließen (Demosth. 39,39; Aristot. eth. Nic. 1163b; vgl. auch Plat. leg. 928d929d). Eine ähnliche Bestimmung ist im großen Gesetz von Gortyn IC IV 72 col. XI 10-17 getroffen, Parallelerscheinungen in altorientalischen Rechtsquellen (Cod. Hammurabi 168 f.; 191) gelten nicht als Vorbild. Diokletian verbietet die a. (Cod. Iust. …

Dikaspolos

(71 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (δικάσπολος). Im homer. Epos funktionelle Bezeichnung für einen König oder einen Geronten (Mitglied der Ältestenversammlung) in der Rolle als “Richter” (Il. 1,238). Er ist durch Benützung des Szepters hervorgehoben und verkündet die auf Zeus beruhenden Rechtssprüche (θέμιστες, thémistes). Wie man sich diese vorzustellen hat, hängt davon ab, welcher Theorie des Ablaufes eines Rechtsstreits ( dikázein ) man anhängt. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography M. Schmidt, LFE 2, 1991, 302.

Praxis

(237 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(πρᾶξις). [English version] [1] Vollstreckung eines Urteils Juristische Bezeichnung für die Vollstreckung eines auf Geld lautenden Urteils aus einem griech. Privatprozeß ( díkē [2]), die in Athen Sache des siegreichen Gläubigers war und generell (And. 1,88) und auch im Text von Vertragsurkunden (Demosth. or. 35,12) als p. bezeichnet wurde. Als Verbum für “vollstrecken” war εἰσπράττειν ( eispráttein) üblich (Demosth. or. 47,33; 47,37; 47,41; 57,63; 57,64). Die p. war nicht gegen die Person des Schuldners, sondern nur durch Ergreifen seiner Vermögensstücke erlaubt ( enechyrasía…

Loidoria

(57 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (λοιδορία). Griech. “Schmähung”, urspr. vielleicht “Gotteslästerung” (Pind. O. 9,37). Bereits Solon stellte “schlecht Sprechen” unter Strafe (fr. 32f. Ruschenbusch); dieser Tatbestand umfaßte im 4. Jh. v.Chr. die Beleidigung durch Gebrauch bestimmter, enumerativ aufgezählter Worte ( kakēgoría ). Thür, Gerhard (Graz) Bibliography R.W. Wallace, The Athenian Law against Slander, in: G. Thür (Hrsg.), Symposion 1993, 1994, 109-124.

Paramone

(214 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παραμονή). Vom Verbum παραμένειν ( paraménein, “bei jemandem bleiben”) gebildetes Nomen, das gemeingriech. für verschiedene Rechtsverhältnisse gebraucht wurde. In den Papyri Ägyptens und Mesopotamiens ist die p. als personenrechtliche Bindung überl., wobei der Schuldner sich oder eine von ihm abhängige Person der Gewalt des Gläubigers unterstellt, um das geschuldete Kapital oder nur die Zinsen abzuarbeiten ( antíchrēsis [6. 127]). Auch Dienst- und Werkverträge ( místhōsis ) enthalten oft die p.-Klausel, was jedoch keine personenrechtliche Gewalt…

Demioprata

(206 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(δημιόπρατα). [English version] [1] In Athen öffentlich versteigerte Güter Die zugunsten der athenischen Staatskasse öffentlich versteigerten Güter. Sie wurden zuerst im Zuge der dḗmeusis zumeist von den Anklägern des Hauptprozesses zur Konfiskation eingereicht. Nachdem das Verzeichnis (die apographḗ ) der einzuziehenden Güter in der Volksversammlung verlesen worden war, ‘damit jedermann über enteignetes Gut unterrichtet werde’ (Aristot. Ath. pol. 43,4), wurde es an die Elfmänner weitergeleitet, unter deren Vorsitz ein Gerichtshof über die Einsprüche Dritter ( enepískē…

Adikema

(62 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀδίκημα). Untechnisch für eine mit Absicht einer Privatperson gegenüber begangene Unrechtstat (Aristot. eth. Nic. 1135 b 20 f.; rhet. 1374 b 8); wenn A. mit Vermögensschädigung verbunden war, führte es zu einer Blabes dike. Manchmal wird auch das zu Unrecht gewonnene Gut als A. bezeichnet (Plat. leg. 906d). In den Papyri: Eheverfehlung, tätliche Beleidigung, Unterschleif. Thür, Gerhard (Graz)

Hypallagma

(119 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ὑπάλλαγμα). Wörtlich “Austausch”, ein im röm. Äg. durch Vertragsklauseln bestimmtes Sicherungsrecht des Gläubigers. Anders als die hypothḗkē gewährte das h. dem Gläubiger kein eigentumsähnliches Beherrschungsrecht über das im Besitz des Schuldners verbleibende Sicherungsobjekt, in der Regel ein Grundstück, sondern verpflichtete den Schuldner lediglich, bestimmte Gegenstände für die Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung bereitzuhalten. Die Verträge enthalten keine Verfallsklau…

Nothos

(367 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (νόθος) bezeichnet in allen griech. Rechtsordnungen eine freie Person, die aus keiner oder aus einer rechtlich nicht anerkannten Ehe stammt. Söhne eines Freien und einer Sklavin konnten bei Homer (Hom. Il. 13,693; 2,726) zu mil. Führern aufsteigen; nach Hom. Od. 14,208ff. steht dem n. bei Teilung des väterlichen Erbes neben ehelichen Söhnen ein Vermögenswert zu (vgl. die νοθεία, notheía, Zuwendungen an einen n., oft schon zu Lebzeiten; Harpokr. s.v.). Für die Abhebung einer Geldeinlage nach dem Tode des Einlegers kommt der n. in IPArk 1,17 erst hinter den ehe…

Daneion

(254 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (δάνειον). Das Darlehen, die befristete Überlassung vertretbarer Sachen (Naturalien oder Geld) war als Geschäft des täglichen Lebens im gesamten griech. Raum bekannt. Es fand sowohl unter Privatleuten als auch im öffentlichen Leben statt. Kreditgeber waren oft Banken oder Tempel, Kreditnehmer oft Staaten, die manchmal auch bei Privatpersonen verschuldet waren (z.B. IG VII 3172: Orchomenos schuldet Nikareta). Die übliche Bezeichnung war D., aber auch chrḗsis ; eine Sonderform ist das eranos -Darlehen. Das D. wurde mit festem Rückg…

Kakosis

(203 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (κάκωσις), wörtlich “schlechte Behandlung” von Personen, die bes. Hilfe bedurften. In Athen waren das drei Gruppen: 1. Eltern, 2. Waisen, 3. Erbtöchter ( epíklēros ), Aristot. Ath. pol. 56,5. Da die Betroffenen sich in der Regel nicht selbst zur Wehr setzen konnten, hatte jeder Bürger die Möglichkeit, den Täter durch graphḗ , eisangelía oder phásis zur Verantwortung zu ziehen, und zwar ohne Prozeßrisiko. Wer seinen Eltern oder Großeltern (auch Adoptiveltern) weder Unterhalt noch Wohnung gewährte, sie schlug oder d…

Anakrisis

(116 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀνάκρισις). Nach Einbringen einer Klage treffen die Prozeßparteien einander in der a., einem Vorverfahren vor dem Gerichtsmagistrat. Ebenso wie die amtliche Diaita dient dieser Termin in Athen zu Vergleichsverhandlungen oder der Vorbereitung des Hauptverfahrens vor dem Dikasterion. In der a. haben die Parteien die Pflicht, einander Fragen zu beantworten. Man kann diesen Verfahrensabschnitt als den “dialektischen” bezeichnen, gegenüber dem “rhet.”, der Hauptverhandlung. Alles vor dem Dikasterion zu verwendende Beweism…

Exules dike

(128 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐξούλης δίκη), Klage wegen “Austreibung”, war in Athen eine deliktische Klage. Sie stand privilegierten Berechtigten (z.B. den siegreichen Gläubigern in einem Prozeß) gegen diejenigen zu, die sich der berechtigten eigenmächtigen Pfändung widersetzten und den Gläubiger, der sich in formalisierter Gewaltanwendung eines Grundstücks des Schuldners bemächtigt hatte, ebenso formal wieder auswiesen. Der Ausgewiesene erhob die e.d.; konnte er seinen Zugriff als berechtigt nachweisen, wurde der Ausweisende zu einer Geldbuße in der Höhe des …

Parapresbeias graphe

(108 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παραπρεσβείας γραφή). Popularklage ( graphḗ ) gegen Gesandte (s. presbeía ), die ihre Pflichten verletzten. Aus Athen sind zahlreiche Fälle bekannt; berühmt ist die p.g. des Demosthenes [2] (Demosth. or. 19) gegen Aischines [2] (Aischin. or. 2). Strafbare Tatbestände waren z.B. Überschreiten der Befugnisse, falsche Berichterstattung, eigenmächtiges Auftreten, Empfang fremder Gesandter gegen den Willen von Rat und Volk oder Geschenkannahme ( dṓrōn graphḗ ). Der Ankläger konnte auch eine eisangelía erheben. Zuständig für die p.g. waren die eúthynoi ( eúthyn…

Parakatabole

(110 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παρακαταβολή). Wörtlich “Zahlung einer Geldsumme” ( parábolon ), wird im Recht Athens für verschiedene Zahlungen gebraucht, welche die Parteien zu Prozeßbeginn zu tätigen hatten ( prytaneía ). Speziell in Erbschaftsprozessen und im Streit um konfisziertes Vermögen hatte der Kläger ein Zehntel bzw. Fünftel des Streitwerts zu hinterlegen, das bei Prozeßverlust dem Staat verfiel bzw. dem Gegner zufiel (strittig). Dies sollte ähnlich der nach Prozeßverlust zu zahlenden epōbelía mutwilliges Prozessieren vorbeugen. Das Verbum παρακαταβάλλειν ( parakatabálle…

Mesengyema

(72 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (μεσεγγύημα), das “Anvertraute”: Einem Dritten wird eine Sache oder Geld von mehreren gemeinschaftlich anvertraut. Das m. ist dann abredegemäß einem oder allen Hinterlegern herauszugeben (Harpokr. s.v.). Das Geschäft eignet sich zur Streitverwahrung, für Wetteinsätze und zur Sicherung von Urkunden (vgl. Isokr. or. 12,13; IG VII 3172,69: Boiotien; BGU 592 II 9 und Mitteis/Wilcken 88,13: beide 2. Jh. n.Chr.; PAntinoopolis 35 II 14, 4. Jh.n.Chr.: Ägypten). Thür, Gerhard (Graz) Bibliography J. Partsch, Griech. Bürgschaftsrecht, 1909, 336-340.

Laokritai

(150 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (λαοκρίται). Im ptolem. Ägypten vom König autorisierte Kollegien von je drei der Priesterschaft entnommenen Richtern ägypt. Volkszugehörigkeit, vor denen die Ägypter (λαός/ laós, das Volk) ihre privatrechtlichen Streitigkeiten nach ihrem angestammten Recht und in demot. Sprache austragen konnten. Ein für die l. bestimmtes Gebäude ( laokrísion) ist aus dem Fayûm bezeugt (PTebtunis 795,9; 2. Jh.v.Chr.). Ein von der Zentralverwaltung ernannter Beamter griech. Nationalität ( eisagogeús ) fungierte wie bei den griech. Tribunalen ( dikastḗrion D, chrēmatista…

Prostiman

(95 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (προστιμᾶν), das “zusätzliche Schätzen” auf Antrag des Klägers. Im Prozeß wegen Diebstahls ( klopḗ ) hatte in Athen das Gericht die Möglichkeit, zusätzlich zur Geldbuße eine Ehrenstrafe zu verhängen. Der Dieb wurde fünf Tage und Nächte in den Stock eingeschlossen und an den Pranger gestellt (Lys. 10,15; Demosth. or. 24,114 und 146). Verm. geschah das p. in einer dritten Abstimmung, nachdem die Geschworenen bereits über die Schuld und die Geldbuße abgestimmt hatten. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A. R. W. Harrison, The Law of Athens, Bd. 2, 1971, 177  D. Cohen,…

Kadiskoi

(111 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (καδίσκοι). In Athen die in den Gerichtshöfen ( dikastḗrion ) bei der Abstimmung der Geschworenen verwendeten Urnen, von Aristot. Ath. pol. 68,3 ἀμφορεῖς ( amphoreís) genannt. Im 4. Jh.v.Chr. hatte jeder Richter zwei brn. Stimmsteine (ψῆφοι, psḗphoi), einen mit durchbohrter Achse für den Schuldspruch, den anderen mit voller Achse für den Freispruch (ebd. 68,4). Er fällte seine Entscheidung, indem er eine psḗphos in die “gültige”, brn. und die andere in die hölzerne Urne warf. In Erbschaftsstreitigkeiten ( diadikasía ) wurde für jeden Pr…

Despoteia

(144 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Δεσποτεία). “Herrschaft” (von δεσπότης, despótēs, Herr) hat in der griech. Sprache zunächst keine spezifisch rechtliche Bedeutung. Der Ausdruck bezeichnet das vom Herkommen geregelte Herrschaftsverhältnis des Hausvaters über seine Sklaven (Aristot. pol. 1253b) oder im polit. Sinn die Gewaltherrschaft (Plat. leg. 698a). Als Verfügungsmacht des Eigentümers tritt d. erstmals in ptolemäischen Papyrusurkunden auf (BGU 1187,32, 1. Jh.v.Chr.), gemeinsam mit dem schon in den griech. Stadtstaaten gebrauchten Terminus kyrieía. Erst im röm. Ägypten wird d. stä…

Politeuma

(112 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (πολίτευμα). Neben der Bed. “Staatsgewalt”, “Regierungs- und Verfassungsform” bezeichnet p. speziell im Seleukidenreich und im ptolem. Ägypten landsmannschaftliche Zusammenschlüsse z. B. der als Minderheiten lebenden Makedonen, Griechen, Perser und Juden, mit teilweiser Selbstverwaltung und eigener Gerichtsbarkeit. Nach Verschwinden der ethnischen Komponente blieb p. eine Standesgruppe der bevorzugten Bevölkerungsschicht. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography M. Th. Lenger, Corpus des Ordonnances des Ptolémées, 21980, XVIIIf.  J. Modrzejewski, …

Balantiotomoi

(32 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (βαλαντιοτόμοι). “Beutelschneider” (Taschendiebe) wurden in Athen auf Grund des νόμος τῶν κακούργων ( nómos tōn kakúrgōn) mit der apagogḗ (“Abführung”) verfolgt und mit dem Tode bestraft. Thür, Gerhard (Graz)

Blabes dike

(120 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (βλάβης δίκη). Im griech. Recht eine Privatklage wegen Vermögensschädigung. Bei absichtlicher Schädigung hatte der Verurteilte den vom Kläger in der Klageschrift geschätzten Schaden doppelt zu ersetzen. Die b.d. dürfte urspr. auf Grund des Gesetzes nur bei Verletzung des Nachbarrechts zuständig gewesen sein. Erst die Rechtssprechung mag den engen Tatbestand auch auf andere Fälle der Vermögensschädigung ausgedehnt haben. In dieser Deliktsklage ist nach vorherrschender Meinung der Ursprung des griech. Vertra…

Codex Hermopolis

(282 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] Mit diesem Namen wird eine etwa 2 m lange, von S. Gabra in Tuna-el-Gebel entdeckte Papyrusrolle bezeichnet, die zehn Kolumnen eines juristischen Textes in demot. Sprache enthält. Der Text stammt aus der 1. H. des 3. Jh.v.Chr., doch dürften einzelne Bestimmungen in die pharaonische Zeit zurückreichen; in POxy 46,3285 sind zwei Fragmente einer griech. Version erhalten, die in die 2. H. des 2. Jh.n.Chr. zu datieren sind. Den Inhalt kann man nach heutigem Verständnis in vier Abschnit…

Exhaireseos dike

(151 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐξαιρέσεως δίκη). Wer behauptete, jemand sei sein Sklave, konnte in Athen gegen den Betreffenden eigenmächtig vorgehen und ihn mit sich “wegführen” (ἄγειν, ágein). Dagegen konnte wiederum ein Dritter auftreten, der den Ergriffenen mit einem Akt formaler Gewalt ‘in die Freiheit entriß’ (ἐξαιρεῖσθαι oder ἀφαιρεῖσθαι εἰς ἐλευθερίαν, exhaireísthai/aphaireísthai eis eleutherían; Aischin. in Timarchum 62; Demosth. or. 59,40; Lys. 23,9). Der Wegführende mußte dann den Ergriffenen, allerdings nur gegen Bürgenstellung, freigeben, konnte den Dritten aber mit e.…

Antomosia

(92 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀντωμοσία) war in Griechenland, insbes. in Athen, ein Eid, den beide Parteien in der Voruntersuchung oder bei der Hauptverhandlung zu leisten hatten, wohl ein Relikt aus dem archa. Prozeß. Durch die a. wurde die Wahrheit der Klage wie der Klagebeantwortung im voraus bekräftigt. Daher ging der Name auch auf die Prozeßschriften (Antigraphe) über. Von Platon (leg. 948d) wurde die a. nicht übernommen. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A. R. W. Harrison, The Law of Athens I, 1971, 99 f.  G. Thür, Greek Law, hrsg. v. L. Foxhall, 1996, 63 f.

Biaion dike

(78 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (βιαίων δίκη). Eine Privatklage, mit der man in Athen Raub, Notzucht an einer freien Person (männlichen oder weiblichen Geschlechts) sowie die Entführung einer freien Person zum Zwecke der Unzucht verfolgen konnte. Solon hatte im 6.Jh. v.Chr. hierfür eine Geldbuße festgesetzt, später trat zu der Buße an den Verletzten wegen öffentlichen Interesses noch eine Strafe in gleicher Höhe an den Staat. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography D. Cohen, Law, violence, and community in classical Athens, 1995.

Anadikia

(127 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀναδικία). Der Grundsatz, daß eine vom Gericht entschiedene Sache nicht nochmals Gegenstand eines Prozesses sein durfte (für Athen Demosth. 24,54), wird in den griech. Rechten in Einzelfällen durchbrochen: im Säumnisverfahren und in einigen Fällen nach einer erfolgreichen Klage wegen falschen Zeugnisses, δίκη ψευδομαρτυρίων (Pseudomartyrias dike), ist erneutes Prozessieren, a., möglich. Das betrifft nach einem Scholion zu Plat. leg. 937d Prozesse um das Bürgerrecht, die Zeugnisklage selbst und Erbschaftsprozesse. Platon sieht…

Atimetos agon

(75 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀτίμητος ἀγών). Vor allem in Athen ein Prozeß, in dem der Beklagte keinen Gegenantrag ( antitimesis ) über das Strafausmaß stellen konnte. Nach einem Schuldspruch war keine weitere Abstimmung über die Höhe der Strafe nötig, der Prozeß war ἀτίμητος, “unschätzbar”. Das Strafmaß war bereits vom Gesetz festgelegt, in öffentlichen Prozessen wegen schwerer Verbrechen oft die Todesstrafe oder Verbannung. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A.R.W. Harrison, The Law of Athens II, 1971, 81f.

Ekecheiria

(62 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐκεχειρία). T.t. für “Waffenstillstand”, “Gerichtsruhe” und den “Gottesfrieden”, wie ihn Iphitos von Elis und Lykurgos von Sparta für die Spiele in Olympia vereinbarten (Plut. Lycurgus 1,2; Paus. 5,20,1) und auch die anderen großen Festorte für sich in Anspruch nahmen. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography StV II Nr. 185; III S. 414 (II A6)  L. Robert, Études Anatoliennes 2, 1937, 177ff.

Hypeuthynos

(85 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ὑπεύθυνος) wird in Strafbestimmungen griech. Dekrete für “haftbar, schuldig” gebraucht (gemeint: zur Zahlung von Geldstrafen, z.B. IPArk 11,37), speziell in Athen für “rechenschaftspflichtig”. Jeder Athener, der ein Amt innehatte, mußte sich nach Ablauf der Amtszeit einem Rechenschaftsverfahren (εὔθυναι, eúthynai ) unterziehen, bis zu dessen Abschluß er nicht ins Ausland reisen und über sein Vermögen keine Verfügungen treffen durfte. In den Papyri Ägyptens bedeutet h. einfach “leistungs- oder zahlungspflichtig”. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A.R…

Paranoias graphe

(189 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παρανοίας γραφή). “Klage wegen Geisteskrankheit”. Wie in Rom wurde Verschwendung des ererbten (nicht des sonst erworbenen) Vermögens auch in Athen auf Geisteskrankheit zurückgeführt und zog ein Verfahren der Entmündigung nach sich. Plat. leg. 929d verlangt dafür zusätzlich zur Verschwendung noch Krankheit, Greisenalter oder ungewöhnliche Heftigkeit des Charakters. Das Recht Athens sieht eine Popularklage ( graphḗ [1]) gegen den Verschwender vor (Aristot. Ath. pol. 56,6), die in der Regel von einem erbberechtigte…

Koinonia

(97 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (κοινωνία) bezeichnet in griech. Sprache allg. jegliche menschliche Gemeinschaft, wie Staat, Verein, Handelsgesellschaft oder Gemeinschaft von Erben oder Miteigentümern. Zu den Vereinen ist ein Gesetz Solons in Dig. 47,22,4, Gaius 4 ad legem XII tab. (= Solon fr. 76a Ruschenbusch) überliefert, Ges. und Gemeinschaft sind in den att. Quellen nur gelegentlich erwähnt. Auch in den Papyri drückt k. sowohl die röm. societas als auch die communio aus. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A.R.W. Harrison, The Law of Athens I, 1968, 240-242  A. Biscardi, Diritto greco a…

Diaitetai

(217 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
(διαιτηταί). [English version] [1] Private Schiedsrichter Im griech. Recht allg. Bezeichnung für von beiden Parteien einvernehmlich bestellte “private” Schiedsrichter, die entweder zur Vermittlung oder zur endgültigen Streitentscheidung befugt waren (Demosth. or. 27,1; 59,47). Häufig bestellte jede Partei Vertrauensmänner, die sich dann auf einen Dritten einigten, so daß insgesamt drei d. das Schiedsgericht bildeten. Thür, Gerhard (Graz) [English version] [2] Athenischer Vor-Ausschuß bei Vermögensklagen In Athen hatte jeder Bürger nach Vollendung des 59. Le…

Emporikoi nomoi

(79 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐμπορικοὶ νόμοι). In Athen die nach ihrem objektiven Inhalt (nicht, wie sonst üblich, nach der Zuständigkeit der einzelnen Behörden) zusammengefaßten Gesetze über den Seehandel (Demosth. or. 35,3); sie dürften vor allem strenge Bestimmungen zum Schutz der Getreideversorgung der Stadt getroffen haben. In diesen Bereich fiel auch die Beschleunigung des Gerichtsverfahrens (Emporikai dikai) und die Erschwerung leichtsinniger Anklagen gegen Kaufleute und Reeder (Demosth. or. 58,10f.). Thür, Gerhard (Graz) Bibliography E.E. Cohen, Ancient Athenian Mari…

Katalysis

(152 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (κατάλυσις). Wörtlich “Auflösung”, gemeint “der Verfassung” (τοῦ δήμου, tu dḗmu), Hochverrat, in Athen entweder mit graphḗ oder eisangelía durch Einschreiten jedes beliebigen Bürgers zu verfolgen. Ob eine derartige eisangelía bereits auf Solon (6. Jh.v.Chr.) zurückgeht und vor den Areios pagos gehörte (Aristot. Ath. pol. 8,4), ist strittig. Nach dem in Demosth. or. 24,144 überlieferten Ratseid war bei k. die bulḗ zum Einschreiten berechtigt. Nach Aufhebung des Eisangeliegesetzes im J. 411 v.Chr. (Aristot. Ath. pol. 29,4) wurde k. 410/09 (And. 1,96-98) u…

Hyperocha

(231 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] Wörtlich “Überschuß” (τὰ ὑπέροχα, tá hypérocha, oder ἡ ὑπεροχή, hē hyperochḗ), bezeichnet technisch den Mehrwert, um den der Wert der Pfandsache den Betrag der gesicherten Forderung übersteigt, lat. superfluum. Da das griech. Pfand dogmatisch als Verfallspfand aufzufassen ist (vgl. hypothḗkē ), bedurfte es bes. vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen, wenn der Mehrwert einem weiteren Gläubiger als Sicherung dienen oder nach Pfandverkauf an den Pfandschuldner fallen sollte. Mehrfache Verpfändung ist bereits im 4. Jh. v.Chr. aus Athen belegt (vgl. hypot…

Pherne

(283 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (φερνή). Was die Frau an beweglichem Vermögen als “Mitgift” in die Ehe “einbringt” (φέρειν, phérein), wird gemeingriech. als ph. bezeichnet. Zu unterscheiden ist die ph. von der προίξ ( proíx ), der Mitgift hauptsächlich in Gestalt von Grundstücken und Sklaven, wie sie in den griech. Poleis üblich war. Durch die Schätzung der Rückgabepflicht in Geld verwischen sich die Grenzen, jedoch kann man nicht von synonymen [1. 2040f.] Ausdrücken sprechen. Die klass. griech. Autoren verwenden ph. nur für mythische und nichtgriech. Verhältnisse (anachronistisch v…

Epidikasia

(170 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐπιδικασία). Während in Athen die legitimen leiblichen oder zu Lebzeiten adoptierten ( eispoíēsis ) Söhne des Erblassers durch schlichtes embateúein sich des Nachlasses bemächtigen konnten, bedurften Außenerben hierzu eines E.-Dekrets durch den Archon (Archontes [I]). Diese der Erteilung der röm. bonorum possessio ähnliche Anordnung ermächtigte den Bewerber zum Antritt der Erbschaft, schloß aber eine spätere gerichtliche Entscheidung über das Erbrecht eines anderen Prätendenten ( diadikasía ) nicht aus. In gleicher Weise war auch die epíklēros

Paranomon graphe

(275 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παρανόμων γραφή). “Klage wegen mißbräuchlicher Gesetzgebung”. Vermutlich erst nach Perikles wurde in Athen eine Popularklage ( graphḗ [1]) eingeführt, die jeder unbescholtene Bürger binnen Jahresfrist gegen denjenigen erheben konnte, der in der Volksversammlung ( ekklēsía ) einen Beschluß beantragt hatte, der gegen Verfahrensvorschriften oder ein bestehendes Gesetz verstieß. Zuständig waren die Thesmotheten ( árchontes I.), das dikastḗrion (einmal sogar besetzt mit 6000 Geschworenen, Andok. 1,17; 415 v.Chr.) konnt…

Palindikia

(223 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (παλινδικία). “Wiederholtes Prozessieren in derselben Sache”, vgl. anadikía und die zugrundeliegenden Verba (ἀνὰ und πάλιν δικάζειν). Der Vorwurf gegen Advokaten ( logográphos ), durch Tricks eine p. erreicht zu haben (Plut. Demosthenes 61; Poll. 8,26), muß nicht immer auf Durchbrechung der “materiellen Rechtskraft” ( paragraphḗ ) abstellen, sondern kann sich auch darauf beziehen, daß ein Anspruch mit unterschiedlichen Klagen verfolgt wurde, was in Athen zulässig war. Echte Wiederaufnahme eines Prozesses …

Enepiskepsis

(90 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐνεπίσκηψις). Bei der Konfiskation eines Vermögens ( dḗmeusis , dēmióprata ) konnte in Athen ein Dritter mit der Behauptung auftreten, ein bestimmtes Vermögensstück gehöre ihm oder sei ihm verpfändet. Erhob er deshalb Widerspruch in Form einer e., kam es zw. ihm und dem Betreiber der Konfiskation ( apographé ) zu einer diadikasía , in der entschieden wurde, ob der Staatsschuldner dem Dritten die Herausgabe jener Vermögensstücke “schulde” (Demosth. or. 49,45ff.; Hesperia 10, 1941, 14). Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A.R.W. Harrison, The Law of Athens II,…

Epangelia

(103 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἐπαγγελία). In Athen die gesetzlich vorgeschriebene Ankündigung der Einreichung einer dokimasía gegen einen Redner, der einen Antrag in der Volksversammlung einbrachte. Sie konnte von jedem Bürger gegen den Antragsteller eingereicht werden, der sich einer Handlung, die ihm das Rederecht entzog, schuldig gemacht hatte, aber noch nicht gerichtlich verurteilt war (Aischin. Tim. 28ff. 81). In den ägypt. Papyri bedeutet e. die Ansage einer Klage gegen den Schuldner. Thür, Gerhard (Graz) Bibliography A.R.W. Harrison, The Law of Athens II, 1971, 204  M.H. Hansen, …

Endeixis

(140 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (Ἔνδειξις). Wörtlich “Anzeige”: Die E. war in Athen eine bes. Form des öffentlichen Einschreitens einer Privatperson, das die sofortige Verhaftung des Angeklagten oder die Anordnung einer Gestellungsbürgschaft durch den Gerichtsvorstand (die “Elfmänner”, den Árchōn Basileús oder die thesmothétai; Archontes) zur Folge hatte. Sie war gegen Personen (Staatsschuldner, Verbannte oder átimoi (Atimia) zulässig, die Orte (Heimat, Volksversammlung, Rat, Gerichtshöfe, Heiligtümer, Markt) besuchten, deren Besuch ihnen durch Gesetz oder Vo…

Dikastikos misthos

(304 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (δικαστικὸς μισθός). Tagegelder für athenische Geschworene seit Mitte des 5. Jh.v.Chr. (Aristot. Ath. pol. 2,2). In der frühen Demokratie Athens galt der Grundsatz der demokratischen staatsrechtlichen Gleichheit. Die zunehmende wirtschaftliche und soziale Ungleichheit führte aber in der Folge dazu, daß nur wirtschaftlich unabhängige Bürger, also nur der wohlhabende Teil der Stadtbevölkerung, an den Gerichtsversammlungen teilnahmen, während die minderbemittelten oder armen Bürger,…

Prasis epi lysei

(345 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (πρᾶσις ἐπὶ λύσει). Das Substantiv p. bezeichnet gemeingriech. den “Verkauf”, der Zusatz e.l. (in den Quellen nie mit dem Substantiv, sondern nur mit dem Verbum λύειν/ lýein verbunden) bedeutet “auf Lösung”. Es handelt sich um ein der späteren onḗ en pístei (dort auch zur Terminologie des griech. Kaufes) entsprechendes Geschäft zur Sicherung eines Kredits. Der Darlehensnehmer (s. dáneion ) verkauft dem Darlehensgeber ein Grundstück; mit Auszahlung der Darlehenssumme wird der Gläubiger Eigentümer des Sicherungsobjekts.…

Agraphiu graphe

(137 words)

Author(s): Mannzmann, Anneliese (Münster) | Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (ἀγραφίου γραφή). In Athen Schriftklage wegen “Nichtaufschreibens” eines Schuldners (und damit Annullierung seiner Schuld), von Aristoteles (Ath. pol. 59,3) unter die öffentlichen Klagen gerechnet, die in den Kompetenzbereich der Thesmotheten fallen. Gemeint sind nach Demosthenes (58,51) Staatsschuldner, die eine Löschung ihres Namens auf der öffentlich aufgestellten Liste vorgenommen hatten, obwohl die Schuld nicht bezahlt war (von Demosthenes abhängig Harpokration, der noch Lyk…

Eid

(726 words)

Author(s): Neumann, Hans (Berlin) | Thür, Gerhard (Graz)
[English version] I. Alter Orient In Mesopotamien unterschied man seit der 2. Hälfte des 3. Jt.v.Chr. [1. 63-98; 2. 345-365] zwischen dem im Vertragsrecht angesiedelten promissorischen (zusichernden) und dem im Prozeßrecht zum Tragen kommenden assertorischen (bestätigenden) E. Der promissor. E. diente der unverbrüchlichen Zusicherung eines Verzichts bzw. einer vorzunehmenden Handlung und wurde unter Anrufung des Königs bzw. einer Gottheit oder beider geleistet. Der assertor. E. hatte als Zeugen- oder…

Epitropos

(654 words)

Author(s): Rathbone, Dominic (London) | Thür, Gerhard (Graz)
(ἐπίτροπος). [English version] [1] Gutsverwalter Neben einer Vielzahl anderer Begriffe die übliche Bezeichnung für einen Gutsverwalter, der für einen meist abwesenden Landbesitzer die Aufsicht über die Wirtschaftsführung innehatte. Seine Pflichten sowie der Grad an Unabhängigkeit, mit der er Entscheidungen treffen konnte, waren zwar von Fall zu Fall verschieden, in der Regel zählten jedoch die Aufsicht über die Arbeitskräfte, der Kauf von Erzeugnissen, die auf dem Gut benötigt wurden, der Verkauf von…

Blutrache

(267 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz) | Schiemann, Gottfried (Tübingen)
[English version] A. Griechisches Recht Nach den ältesten Vorstellungen der Griechen hatten die Verwandten eines Erschlagenen die religiöse Pflicht, diesen durch das Blut des Täters zu rächen. Mit dem Erstarken der Polis, in Athen jedenfalls seit Drakon (7.Jh. v.Chr.), waren die Verwandten auf die gerichtliche Verfolgung des Täters durch eine δίκη φόνου ( díkē phónou: Blutklage) beschränkt. Diese blieb auch in klass. Zeit Privatklage. Noch zur Zeit Drakons war die B. durch Geldbuße (ποινή, poinḗ: Wergeld) ablösbar, wenn die Rächer einen Sühnepakt ( aídesis) mit dem Täter schlo…

Hybris

(464 words)

Author(s): Heinze, Theodor (Genf) | Thür, Gerhard (Graz)
(ὕβρις). Ethischer Begriff zur Bezeichnung absichtlich entehrenden Verhaltens einschließlich erniedrigender körperlicher Übergriffe wie z.B. Vergewaltigung (maßgebliche Definition: Aristoteles rhet. 1378 b; lat. superbia). Etym. ist h. wohl von hethit. huwap-: “mißhandeln” mit Subst. * huwappar > * huppar abzuleiten [1]. Positive Gegenbegriffe: aidṓs , díkē , eunomía , sōphrosýnē . [English version] I. Allgemein In der frühgriech. Lit. erscheint h. in der vielfach variierten Begriffskette ólbos - kóros - hýbris - átē (“Reichtum” - “Sattheit” - “Übermut” - “Verderbe…

Gortyn

(1,205 words)

Author(s): Sonnabend, Holger (Stuttgart) | Thür, Gerhard (Graz)
Dieser Ort ist auf folgenden Karten verzeichnet: Apollon | Bildung | Christentum | Dunkle Jahrhunderte | Getreidehandel, Getreideimport | Hellenistische Staatenwelt | Hellenistische Staatenwelt | Kreta | Limes | Makedonia, Makedones | Pompeius | Roma | Roma | Theater [English version] I. Lage Eine der bedeutendsten und größten Städte auf Kreta, in der Mesara-Ebene am Fluß Lethaios gelegen, zw. den Dörfern Agi Deka und Mitropolis, 16 km (Strab. 10,4,7: 90 Stadien) vom Libyschen Meer entfernt, auch als Gortyna und Gortyne überliefert. Sonnabend, Holger (Stuttgart) …

Logographos

(216 words)

Author(s): Rhodes, Peter J. (Durham) | Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (λογογράφος). Verfasser von griech. Gerichtsreden. Logográphoi nannte man die zehn klass. att. Rhetoren. Das Wort wurde aber auch häufig abwertend gebraucht (z.B. Aischin. 1,94; 3,173). Da in Athen die Prozeßparteien ihre Sache grundsätzlich selbst vor Gericht vertreten mußten, blieb der “Redner”, sofern er nicht in eigener Sache auftrat, unerkannt im Hintergrund: Er war nicht Parteienvertreter oder Anwalt ( syndikos ), sondern “Redenschreiber” (wie l. wörtlich zu übersetzen ist). Er schrieb seinen Klienten Plädoyers “auf den Leib”, welche d…

Gnome

(3,668 words)

Author(s): Gärtner, Hans Armin (Heidelberg) | Thür, Gerhard (Graz)
[1] Literaturgeschichtlich I. Griechisch [English version] A. Wortbedeutung Das Substantiv γνώμη (nicht bei Homer und Hesiod) mit seinem urspr. außerordentlich umfassenden Bedeutungsbereich ist als Nomen actionis zum Verbum γιγνώσκω ( gignṓskō) zu stellen [11; 37. 491; 27. 32 (auch zur Etym.)]; das Verbum liegt mit seinen Bedeutungen: “erkennen”, “sich eine Meinung bilden”, “beschließen” und “urteilen” zwischen den Polen: “Fähigkeit zum Erkennen eines Sachverhaltes” und “Resultat dieser Erkenntnis” [40. 20-39, bes. 32f.] und…

Dike

(642 words)

Author(s): Graf, Fritz (Princeton) | Thür, Gerhard (Graz)
(Δίκη). [English version] [1] Personifikation des menschlichen, in der Rechtssprechung konkretisierten Rechts (Religion). Personifikation des menschlichen, in der Rechtssprechung konkretisierten Rechts (gegenüber Themis, der göttl. gesetzten Ordnung): Wird sie von bestechlichen Richtern weggeschleift, bricht die Rechtsordnung zusammen (Hes. erg. 220). Sie ist eine zentrale Gestalt der myth.-dichterischen Reflexion über die Grundlagen gesellschaftlichen Zusammenlebens in der archa. und klass. Zeit. Die Genea…

Oikos

(1,247 words)

Author(s): Osborne, Robin (Oxford) | Thür, Gerhard (Graz)
[English version] (οἶκος; “Haus, Haushalt”). Die griech. Begriffe oíkos und oikía (οἰκία) wurden oft synonym verwendet; im attischen Griech. wurde jedoch oíkos im allg. nicht mehr für das Haus als Gebäude, sondern für den Haushalt gebraucht, während oikía in der Regel das Gebäude bezeichnete. Das Wort o. umfaßte sowohl den gesamten Besitz des Haushalts als auch die Familie (obwohl der Begriff im athenischen Recht anscheinend niemals auf die Familie angewandt wurde). Bei Aristoteles wurde der o., zu dem das Ehepaar, die Kinder und die Sklaven gehörten, zum wichtigsten E…

Kyrios

(897 words)

Author(s): Graf, Fritz (Princeton) | Theobald, Michael (Tübingen) | Thür, Gerhard (Graz)
(Κύριος, “Herr”). I. Religion [English version] A. Pagan Die Anrede einer als machtvoll erfahrenen Gottheit mit “Herr” ist verbreitet in griech. rel. Sprache. Seit Homer können Götter (bes. Apollon und Zeus) mit dem myk. Königstitel Anax (Ἄναξ), “König, Herr”, angeredet werden [1]; eine Reihe mächtiger Göttinnen (Kybele, Aphrodite, Artemis, Demeter und Persephone, Hekate, Isis) wird seit archa. Zeit als Despoina (Δέσποινα), “Herrin”, angerufen, etwas seltener männliche Götter als Despotes (Δεσπότης) [2;…

Erbrecht

(1,539 words)

Author(s): Thür, Gerhard (Graz) | Manthe, Ulrich (Passau) | Ego, Beate (Osnabrück)
[English version] I. Alter Orient Keilschriftrechte Thür, Gerhard (Graz) [English version] II. Griechisch In Griechenland entsprach das E. vor allem dem Gedanken der Familienerbfolge. Daher enthält das griech. Recht mehrere Einrichtungen, um die Erbfolge im Familienverband auch dann zu sichern, wenn keine Haussöhne ( gnḗsioi) vorhanden waren. So diente die eispoíēsis der adoptionsähnlichen Bestimmung eines nicht testamentarischen Erben. War auch kein solcher Ersatzerbe vorhanden, fiel der Nachlaß ( klḗros ) entweder an die Seitenverwandten ( anchisteía

Mord

(386 words)

Author(s): Neumann, Hans (Berlin) | Thür, Gerhard (Graz) | Schiemann, Gottfried (Tübingen)
[English version] I. Allgemein M. wird in der Ant. vielfach noch nicht von anderen Tötungsdelikten unterschieden. Die bes. Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit eines Verhaltens, das zum Tode eines anderen Menschen geführt hat, wird in vielen ant. Rechten noch nicht zum Anlaß einer gerade darauf abstellenden Sanktion genommen. So wäre es für die altoriental. Rechte sowohl begrifflich als auch sachlich unangemessen, von einem bes. Tatbestand des Mordes innerhalb der Tötungsdelikte zu sprechen. Neumann, Hans (Berlin) [English version] II. Griechenland Auch in Griechenland gi…

Phasis

(581 words)

Author(s): von Bredow, Iris (Bietigheim-Bissingen) | Thür, Gerhard (Graz)
(Φάσις). [English version] [1] Fluß im südwestl. Kaukasus Fluß im südwestl. Kaukasos, der bei Ph. [2] in den Pontos Euxeinos mündete, h. Rioni. Seine Mündung verlagerte sich häufig, wobei das Festland anwuchs (vgl. Strab. 1,3,7). Eine Meeresbucht an der Mündung des Ph. erwähnt Ptol. 5,10,1. Der Ph. wird erstmals bei Hesiod (Hes. theog. 337-344) genannt. Er war über eine Strecke von 180 Stadien schiffbar (Ps.-Skyl. 81). Sein Oberlauf war ein reißender Bergfluß, den Prokopios mit eigener Bezeichnung Boas …

Magie, Magier

(6,634 words)

Author(s): Wiggermann, Frans (Amsterdam) | Wandrey, Irina (Berlin) | Graf, Fritz (Princeton) | Johnston, Sarah Iles (Princeton) | Thür, Gerhard (Graz) | Et al.
I. Alter Orient [English version] A. Allgemein Altoriental. und äg. M. beruht auf einem Weltbild, das der Religion entgegengesetzt ist. Im mag. Weltbild sind Menschen, Götter und Dämonen durch Sympathien und Antipathien miteinander und mit dem Kosmos verbunden, im rel. Weltbild wird alles durch die Götter zu ihrem eigenen Nutzen gestaltet; die Beziehungen zw. Mensch und Kosmos sind Folge bewußter Maßnahmen der Götter. In der rel. Praktik jedoch sind beide Weltbilder integriert und komplementär. Das rel…
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