Author(s):
Herrmann, Klaus
[English Version] Shemone Esre, »Achtzehnbittengebet«, so genannt wegen der Anzahl der Berakhot (»Segenssprüche«), oder ‘Amida, »Stehen«, da im Stehen gesprochen (Gebet: IX.,1.), oder auch ha-Tefilla, »das Gebet (schlechthin)«, bildet zus. mit dem Shema‘ einen der beiden Grundpfeiler des jüd. Gottesdienstes (: II.,3.; s.a. Liturgie: VII.). In seiner heutigen Form umfaßt das Sh.E. 19 Bitten, da im bab. Judentum die 14. Bitte um den Wiederaufbau Jerusalems und das Kommen des Messias in zwei Berakhot aufgeteilt wurde. Die urspr. 18 Bitten umfassende paläst. Version ist seit ihrer Entdeckung Ende des 19.Jh. in der Kairoer Geniza (: II.) bekannt. Während im Morgen- und Nachmittagsgebet das Sh.E. zunächst von der Gemeinde leise und dann vom Vorbeter laut gesprochen wird, entfällt im Abendgebet die Wiederholung. Die drei ersten und letzten Berakhot sind stets gleich, während die mittleren auch durch eine Kurzform, das sog. Havienu (»Mache uns verständig«), ersetzt werden können (die heute übliche Form ist in bBer 29a überliefert; s.a. jBer 4,3, fol. 8a). Auch am Sabbat und an Festtagen wird statt der 13 mittleren Bitten nur eine gesprochen, die Sabbat‘amida ist also ein Siebenbittengebet. Stand in rabb. Zeit die Themenfolge der 18 bzw. 19 Bitten fest, so dürfte die lit. Ausgestaltung noch lange Sache des Vorbeters gewesen sein (s. etwa bBer 29b; dazu Heinemann). In gaonäischer Zeit ist der Wortlaut des Sh.E. mehr und mehr standardisiert worden. Eingeleitet von Ps 51,17, »Herr, öffne meine Lippen, daß mein Mund dein Lob verkünde«, sind die Themen des Sh.E.: I. »Väter« (Avot; Lobpreis Gottes als Gott der bibl. Patriarchen; in modernen Gebetbüchern werden zudem heute die »Mütter« Sara, Rebekka, Lea und Rahel genannt), II. »Machttaten« (Gevurot; Bitte um die Wiederbelebung der Toten [ewiges Leben: VII.,1.] und Lobpreis dessen, der je nach Jahreszeit Tau und Regen schenkt), III. »Heiligung Gottes« (Kedushat ha-Shem, mit Einfügung des Engelgesangs, der sog. Qedusha [Trishagion: I.]), IV. »Erkenntnis« (Bina; d.h. Tora), V. »Umkehr« (Teshuva), VI. »Vergebung« (Selikha), VII. »Erlösung« (Ge'ulla), VIII. »Heilung« (Refu'a), IX. »Jahressegen« (Birkat ha-Shana; Bitte um reiche Ernte), X. »Sammlung der Zerstreuten« (Kibbuz Gelujjot), XI. »Rückkehr der Gerichtshöfe« (Shivat Bate ha-Mishpat; Wiedereinsetzung der Rechtsinstitutionen), XII. »Verwünschung der Häretiker« (Birkat ha-Minim; auch als »Ketzersegen« bekannt, hat diese Bitte immer wieder Anlaß zu antijüd. Polemiken gegeben [Häresie: V.]), XIII. »Gerechte« (Zaddiqim; Bitte um Segnung der Gerechten und Proselyten), XIV. »Erbauer Jerusalems« (Bone Jerushalajim; Bitte um den Wiederaufbau Jerusalems), XV. »Sproß Davids« (Zemach David; das Kommen des Davidssprosses, d.h. des Messias [: III.,1.]), XVI. »Gebetserhörung« (Shome‘a Tefilla), XVII. »(Tempel-)Kult« (Avoda; Gottesdienst und Bitte um die Rückbringung des Opferdienstes zum Heiligtum), XVIII. »Dank« (Hoda'a) und XIX. »Friedenssegen/Priestersegen« (Birkat ha-Shalom/Bi…