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Schriftprinzip, protestantisches

(705 words)

Author(s): Leppin, Volker
Insbes. die konziliaristischen Streitigkeiten des späten MA um die Frage der Oberhoheit von Papst oder Konzil in der Kirche hatten die Frage nach einer autoritativen Grundlage für kirchl. Lehrentscheidungen jenseits der menschlich-kirchl. Institutionen immer virulenter gemacht. Im Rückgriff auf das Denken Wilhelms von Ockham wurden Konzepte entwickelt, die die Fraglichkeit der Entscheidungen von Papsttum und Konzil betonten und den Bezug auf die Bibel zur Regulierung der Konflikte propagierten. Damit verband sich ein immer stärkeres Insistieren auf einer w…
Date: 2019-11-19

Gemeinde

(1,096 words)

Author(s): Leppin, Volker
1. Christliche 1.1. Spätmittelalter, Reformation und KonfessionalisierungAusgehend von der seit der Karolingerzeit gültigen parochialen Struktur der Kirche (d. h. der Zuordnung von Wohnsitz und kirchlicher G.-Zugehörigkeit) entwickelte sich im späten MA ein starkes Bewusstsein insbes. der städtischen G. als sozialer Zusammenhang in politischer wie religiöser Hinsicht, so dass man im Blick hierauf sogar von einem corpus Christianum (»christl. Körperschaft«) im Kleinen sprechen kann [3]. Aus diesem zugleich kommunalen und parochialen Selbstbewusstsein entwic…
Date: 2019-11-19

Gewissen

(738 words)

Author(s): Leppin, Volker
Der G.-Begriff wurde im späten MA in Fortführung der Vorstellung eines G.-Funkens u. a. bei dem lat. Kirchenvater Hieronymus mit der mystischen Vorstellung vom Seelenfünklein produktiv weiterentwickelt. Für die Formierung des nzl. G.-Begriffs war die zunehmend wachsende Kluft zwischen individuellen Überzeugungen und überindividuellen Bindungen an gesellschaftliche Normen und an staatliches Recht entscheidend – eine Kluft, die zuerst in der Religionsfrage fassbar wurde. Die reformatorische TheologieMartin Luthers wurde von dem evang. Theologen Karl Holl geradezu al…
Date: 2019-11-19

Teufelsglaube

(899 words)

Author(s): Leppin, Volker
1. TeufelsvorstellungenDer Teufel hatte in der Frühen Nz. eine Bedeutung sowohl als heilsgeschichtlicher Gegenspieler Gottes wie auch als negative Wirkmacht, deren Kraft unmittelbar in dieser Welt spürbar war. Für die Ausgestaltung des T. blieb entscheidend, wie sich diese reale Gegenüberstellung mit Gottes Allmacht vertrug.Insbes. im Werk Martin Luthers zeigt sich dieses Bemühen paradigmatisch für die nzl. Reflexion: Zum einen wird im anthropologisch zugespitzten Bild der Mensch als Reittier Gottes einerseits, des Teufels andererseits verstanden, wobei sich …
Date: 2019-11-19

Gefühl

(2,424 words)

Author(s): Behringer, Wolfgang | Leppin, Volker
1. Allgemein 1.1. Probleme der DefinitionUnter »Fühlen, Gefühl« verstand noch Zedlers Universallexikon in der Mitte des 18. Jh.s »einen der fünf äußerlichen Sinne, der sich über den ganzen Leib ausbreitet« [1], also den Tastsinn (lat. tactus). Emotionen wie Liebe, Eifersucht, Neid, Melancholie oder Traurigkeit, die man heute unter dem Begriff G. subsumieren würde, werden hingegen als »Gemüths-Neigung«, als »Gemüths-Beschaffenheit« oder als »Gemüths-Bewegung« beschrieben.G. sind tief in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit verankert. Sie sind als Grun…
Date: 2020-11-18

Häresie

(1,695 words)

Author(s): Walter, Peter | Leppin, Volker
1. BegriffH. (von griech. haíresis, »Schule«, »Lehrmeinung«, »Parteiung«) bezeichnet eine gravierende Abweichung im Glauben (»Irrlehre«), die den Ausschluss aus der Kirche zur Folge hat (Exkommunikation). Das im Deutschen synonyme Wort »Ketzerei« leitet sich von der Bezeichnung für die ma. Massenbewegung der »Katharer« (griech. katharoí, »die Reinen«) ab, die im 12. Jh. eine Gegenkirche bildeten und mit allen Mitteln verfolgt wurden. Von der H. als Verletzung der Integrität des Glaubens durch Einzelne oder Gruppen sind die Apostasie (griech. apostasía) als »Abfall« vom …
Date: 2019-11-19

Gedächtnis

(2,994 words)

Author(s): Andres, Jan | Leppin, Volker
1. DefinitionUnter G. (lat. memoria, Ort aller G.-Inhalte) versteht man allgemein einen Vorrat (Inhalte) und Speicher (Medien) von Wissen über die Vergangenheit, der durch den Prozess der Erinnerung (Anamnese) abgerufen bzw. aktualisiert werden kann. Fast alle G.-Theorien suchen nach den Verbindungen des Thesaurus-Modells mit dem eigentlichen Akt des Erinnerns. Seit Aristoteles sind G. und Erinnerung ein Bestandteil der Rhetorik unter dem Stichwort der ars memorativa (»G.-Kunst«). Die Mnemonik gehört zur Redekunst, weil sie als Technik Voraussetzung für den aus…
Date: 2020-11-18

Volksfrömmigkeit

(4,019 words)

Author(s): Fischer, Michael | Leppin, Volker | Bryner, Erich
1. Allgemein 1.1. Begriff Unter V. (engl. popular religion, franz. religion populaire) wird die alltägliche und lebensrelevante Religiosität der Vielen verstanden, unabhängig davon, ob diese aus einem theologischen bzw. religionsphänomenologischen Blickwinkel als »christl.« oder »kirchl.« anzusehen ist. V. will den gesamten Alltag und die Umwelt heiligen bzw. das Leben und die eigene Erfahrungswelt mit dem Religiösen in Beziehung setzen. In der neueren Forschung wird statt von V. auch von »populärer« bzw. »popularer« Frömmigkeit (= Fr.) gesprochen oder einfach von »…
Date: 2019-11-19

Identität

(3,650 words)

Author(s): Jarzebowski, Claudia | Schmale, Wolfgang | Leppin, Volker
1. AllgemeinEine allgemeingültige Definition von I. kann es für die Nz. ebenso wenig geben wie für die Moderne. Der Begriff I. stammt aus zwei unterschiedlichen Forschungstraditionen. Die angelsächs. Sozialpsychologie charakterisiert I. als ein Merkmal des modernen Individuums [6]; die Volkskunde favorisiert den Begriff I. in deutlicher Abgrenzung zu dem älteren und ideologisch stark aufgeladenen Begriff Volksgeist [2]. In der geschichtswiss. Forschung ist der Begriff I. umstritten [14]. Insbes. aus einer akteurszentrierten Perspektive werden Zweifel an der ze…
Date: 2019-11-19

Mystik

(3,613 words)

Author(s): Sparn, Walter | Leppin, Volker | Bryner, Erich | Grözinger, Karl Erich
1. EinleitungM., ein aus dem 17. Jh. datierender Allgemeinbegriff, hat sich allen religionswiss. und -psychologischen Definitionsversuchen des 19. und frühen 20. Jh.s entzogen [1]; [3]; [5]. Die neuere Forschung gebraucht ihn daher nur als heuristischen Begriff für sehr unterschiedliche, jeweils bestimmten kulturellen und sozialen Kontexten zugehörige Phänomene intensiver individueller Erfahrung der Verbindung oder Vereinigung (lat. unio mystica) mit dem Gott, dem Göttlichen, dem Heiligen usw. Diese Phänomene sind niemals unmittelbar zugänglich, da…
Date: 2019-11-19

Tradition

(5,274 words)

Author(s): Walther, Gerrit | Walter, Peter | Leppin, Volker | Reichmuth, Stefan
1. Geschichte und Kultur 1.1. ÜberblickT. bedeutet »Überlieferung«. Idealtypisch versteht man darunter einen je spezifischen Fundus von Wissensbeständen und Techniken, Sitten und Bräuchen, Einstellungen und Haltungen, Normen und Institutionen, der innerhalb einer Gemeinschaft relativ unverändert von einer Generation an die folgende weitergegeben wird und deren Kultur dadurch Kontinuität und Identität verleiht. »Als Träger von T. im engeren und weiteren Sinne gelten bevorzugt die kleinen sozialen Einheiten (Eltern, Familie, Clan) oder Beruf…
Date: 2019-11-19

Fest

(8,113 words)

Author(s): Behringer, Wolfgang | Kranemann, Benedikt | Leppin, Volker | Petzolt, Martin | Rode-Breymann, Susanne | Et al.
1. Allgemein 1.1. AnlässeF. (von lat. festus, »feierlich«, »festlich«) unterbrechen die Routine des Alltags, zu dem sie als zeitlich und räumlich begrenzte »Anti-Struktur« in Gegensatz stehen und dessen strukturierender Bestandteil sie sind [21]. In der Nz. markierten F. die Phasen natürlicher, sozialer oder individueller Zeitfolgen, die entweder zyklischer oder serieller Natur sein konnten: Ersteres z. B. beim landwirtschaftlichen Jahreszyklus, dem ökonomischen Zyklus, dem Kirchenjahr mit seinen wiederkehrenden Heiligentagen und Jahrmärkten, Letzteres z. B. bei…
Date: 2019-11-19