Author(s):
Graf, Friedrich Wilhelm
[English Version] . Der Begriff R. bez. zumeist mehr oder minder regelmäßig veranstaltete internationale Konferenzen von Theologen, »Führern«, Funktionären und Gläubigen unterschiedlicher Rel. Vorbild ist das 1893 in Verbindung mit »The World's Columbia Exposition« in Chicago veranstaltete World's Parliament of Religion (Weltparlament der Religionen), bei dem in vager Ideenassoziation zu frühneuzeitlichen Toleranzgesprächen von Gelehrten verschiedener Rel. sich Universitätstheologen und »Kirchenführer« aller christl. Konfessionen, reformjüd. (Reformjudentum) Rabbiner, Theosophen (Theosophie), Hinduisten, Buddhisten, Zenmeister (Chan-Buddhismus) und Shinto-Priester (Shintoismus) zu Vortrag und Gespräch versammelten. Dem große mediale Resonanz findenden Parlament lag ein Verständnis interrel. Dialogs zugrunde, das keine synkretistisch neue Universal- oder Menschheitsrel. schaffen, sondern durch möglichst unbefangene Wahrnehmung der fremden anderen einen Geist der Versöhnlichkeit sowie intensivierte, im Zusammenspiel von Fremddeutung und Selbstrepräsentation sich vertiefende Besinnung auf die je eigene Tradition und Religionskultur fördern sollte. Das 1900 von Unitariern und wohlhabenden Freikirchlern der Neuengland-Staaten gegründete »International Council of Unitarian and other Liberal Religious Thinkers and Workers« (zugleich auch »International Association for Religious Freedom«) veranstaltete zwei- bis dreijährig große R., beginnend mit einem Kongreß in London 1901. Ziel war der geistige wie rel. Austausch von Menschen, die theoretisch oder praktisch an einer freien Fortbildung der Rel. überhaupt und inneren Vertiefung ihrer je bes. Rel. bzw. Konfession arbeiteten. Am vierten Kongreß in Boston nahmen 1907 2391 Menschen aus 16 Nationen, 33 Kirchen und 88 anderen Rel. bzw. rel. Gemeinschaften teil, aus Deutschland u.a. M. Rade und H. Weinel. In Deutschland wurde der »Weltbund für Freies Christentum und Rel. Fortschritt« (Freies Christentum) primär vom Dt. Protestantenverein, den »Freunden der Christl. Welt« (Christliche Welt) und mit ihnen kooperierenden liberalen Universitätstheologen getragen. Der vom 5. – 10.8.1910 stattfindende »Fünfte Weltkongreß für Freies Christentum und Rel. Fortschritt« versammelte in Berlin 2086 Teilnehmer; die dt. liberaltheol. (liberale Theologie) Prominenz kam hier zusammen mit kath. Modernisten (Modernismus: II.), Reformjuden, Freidenkern, Freireligiösen und freisinnig gestimmten Hinduisten, Buddhisten und Muslimen. 1912 entstand noch eine »Universal Religious Alliance. World Wide Congress of Religions, Faiths, Fraternities and Spiritual Philosophies« mit Sitz in Havanna. Nach dem 1. Weltkrieg gründete der dt. prot. Systematiker und liberale Parteipolitiker R. Otto 1921 einen »Rel. Menschheitsbund«, um innerhalb der Religionsgemeinschaften sittliche Verantwortlichkeit zu stärken; der nur bis 1933 tätige Bund wurde 1956 von F. Heiler u.a. wiedergegründet. Bei den Kongressen des »International Council« spielte die Förderung des Weltfriedens durch intensivierten interrel. Dialog eine wichtige Rolle. Neben das »International Council«, das sich 1932 »International Association for Liberal Christianity and Religious Freedom« nannte, trat 1936 ein »World Congress of Faiths«, der Menschen aus unterschiedlichen Rel. auf lokaler wie nationaler Ebene durch »interfaith networking« zusammenführen wollte. Der 1960 in New York gegründete »Temple of Understanding« initiierte mit Blick auf den immigrations- und konversionsbedingt zunehmend schneller sich pluralisierenden rel. Markt Nordamerikas 1987 ein »interfaith network« für die USA. 1970 entstand zudem eine »World Conference on Religion and Peace« (WCRP), die in diffus sozialromantischer Versöhnungsrhetorik eine Welt jenseits von Konkurrenz, Interessenkonflikt und sozialen Gegensätzen beschwor; bei den regelmäßigen Weltversammlungen ging es um gewaltfreie Konfliktbewältigung, Abrüstung, Umwelterziehung und die Bildung lokaler interrel. Friedensräte v.a. in Konfliktgebieten. Seit den 80er Jahren des 20.Jh. treten transnationale R. diverser rel. Gruppen zunehmend hinter die medial inszenierte Begegnung global agierender Religionsheroen zurück, die, wie z.B. Johannes Paul II. oder der Dalai Lama, durch immer neue Pilgerreisen für ihre eigene Religionsgemeinschaft eine spezifische Versöhnungs- und Friedensstiftungsrolle demonstrieren wollen; der kulturmissionarischen Behauptung der Symbol- und Deutungshoheit über Weltfrieden und Religionsverständigung dienen auch die interrel. Friedensgebete, zu denen der Papst in strenger Wahrung diverser lehramtlicher Erklärungen über das Verhältnis der röm.-kath. Kirche zu den nichtchristl. Rel. 1986 nach Assisi einlud. Dazu parallel sind interrel. Dialoge zum Expertendiskurs von Versöhnungsfunktionären, einer seit den 80er Jahren sich etablierenden, vergleichsweise schmalen transnationalen Kulturelite, ausdifferenziert worden. Die neue Konjunktur gewalttätiger Religionen und rel. verstärkter sozialer wie ethnischer Konflikte lassen in Verbindung mit aggressiven Fundamentalismen (Fundamentalismus) derzeit den bei R. inszenierte…