Author(s):
Mühling, Markus
[English Version] im weiteren Sinne oder Generatianismus bez. die Lehre, nach der nicht nur der Körper, sondern auch die Seele des partikularen Menschen durch Generation der Eltern konstituiert wird. Er zerfällt in den dimanatistischen T., in der die Seele des Zeugenden die Wirkursache für die Entstehung der Seele des Gezeugten ist, und in den emanatistischen T. oder T. im engeren Sinne, nach dem die zeugende Seele Wurzel (tradux) der gezeugten Seele ist, die sie durch einen Samen weitergibt. Der T. steht im Gegensatz a) zu dem z.B. origenistischen Präexistentialismus (Origenes, princ. II 9,6f.), nach dem die Seelen bereits präexistent (Präexistenz) vorzeitlich vorhanden sind, obwohl es auch Mischformen gibt, die die präexistent gedachten Seelen alle in der Seele Adams eingeschlossen denken, so daß sie durch Generation weitergegeben werden können (G.W. Leibniz); b) zu dem Emanatismus (Emanation), gemäß dem die Seele Ausfluß Gottes ist; und c) zu dem Kreatianismus, nach dem die individuelle Seele nach der lediglich leiblichen Zeugung durch Gott unmittelbar geschaffen wird. Dem T., der von so unterschiedlichen Vertretern wie Tertullian (an. 27), Gregor von Nyssa, Leibniz und Jakob Froschhammer vertreten wurde und der die Erbsünde zwanglos erklären kann, wurde allerdings von Clemens von Alexandrien (Stromateis V 14,94), Lactantius, Thomas von Aquin (Summa Theologiae, 1 q.90 a.2) und der offiziellen röm. Lehre (DH 360f.) der Kreatianismus vorgezogen, da man auf diese Weise die Gottebenbildlichkeit besser gewahrt sah und die Vererbung der Sünde entweder durch eine Infizierung durch den Leib denken konnte oder im Sinne einer vom biologischen Vererbungsgedanken unabhängigen Rechtsnachfolge. Während Calvin eher dem Kreatianismus zuzuneigen scheint (Inst. I, 15,5; II, 1,7), finden sich bei Luther (WA 39/2, 341; 348), z.T. auf den zw. T. und Kreatianismus unentschiedenen Augustin zurückgehend (Aug.ep. 190), und Melanchthon (CR 13,17) durchaus traduzianistische Gedanken. Die Entscheidung zw. T., Präexistentialismus und Kreatianismus ist primär von der Unterscheidung zw. Leib und Seele als eigenständiger Substanzen abhängig. Im Rahmen einer relationalen Anthropologie, in der die als leibseelische Einheit gedachte Person einerseits in einer Beziehung zu den Geschöpfen, andererseits zu Gott steht, ergibt sich folgende Alternative: Referiert »Seele« auf die für die Gottebenbildlichkeit konstitutive Gottesbeziehung, wäre der Kreatianismus die einzig logische widerspruchsfreie Möglichkeit. Referiert »Seele« aber auf die geistigen Vermögen des Menschen (Vernunft, Wille und Affektivität), ohne daß in diesen der menschliche Identitätskern gesehen werden dürfte, sind diese in Analogie zum T. durch das geschöpfliche Beziehungsgefüge un…