Author(s):
Pongratz-Leisten, Beate (Tübingen)
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Görgemanns, Herwig (Heidelberg)
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Berschin, Walter (Heidelberg)
[English version] I. Alter Orient Im Alten Orient existiert eine heterogene Gruppe von Texten, denen aufgrund formaler (1. Person Singular) und semantischer Kategorien (Reflektion auf vergangenes Handeln im Hinblick auf eine gegenwärtige oder zukünftige Sinnstiftung) autobiographischer Charakter zuzuschreiben ist. Dazu gehören in Mesopotamien zum einen Texte, die mehr oder weniger fiktiv zu einem späteren Zeitpunkt über einen Ausschnitt des Lebens großer Herrscher der Vergangenheit berichten, so über Sargon und Narām-Sīn und entweder didaktische Anweisungen zu gottgefälligem Verhalten enthalten oder den Anspruch auf den Königsthron über göttl. Erwählung dokumentieren. Zum anderen gibt es Texte, die stilistisch weitestgehend den Königsinschr. entsprechen und das Leben eines Herrschers im Überblick schildern, wie die Inschr. des Idrimi, angebracht auf seiner Statue, die sowohl historisierende, legitimierende wie auch folkloristische Partien enthält und über die Taten des Gründers der letzten unabhängigen Dynastie des Stadtstaates Alalaḫ berichtet. Die Inschr. der Adad-Guppi, von ihrem Sohn Nabonid verfaßt, schildert deren Verdienste um den Kult des Mondgottes Sîn sowie ihren Tod und ihre Bestattung. Darüberhinaus weisen die Inschr. der assyr. Könige Asarhaddon und Assurbanipal apologetische Passagen auf. Als Vorläufer hierfür ist aus dem hethit. Raum die sog. A. Ḫattušilis III. zu nennen [7]. Adressaten der A. sind die königlichen Nachfolger. Während im Alten Orient die A. bisher nur als Teil der offiziellen Königsideologie überliefert ist, gehört sie in Ägypt. in die private Sphäre, wo seit der 4. Dynastie im Kontext des Grabes eine Entwicklung von der “Idealbiographie” mit Beteuerung einer ethisch vorbildlichen Lebensführung über die “Laufbahnbiographie” zur Selbstdarstellung im Königsdienst im NR stattfindet. Im Mittelpunkt stehen hier Erwerbungsgesch. des Amtes, Gerechtigkeit, gesellschaftliche Stellung; in den darauffolgenden Jh. bis zum 2.Jh. n.Chr. erhält die A. zusätzlich moraliserenden und philos. Charakter. Histor. Informationen kommen nur in der Laufbahnbiographie vor. Typisches zusätzliches Element ist die Bitte, für den Sprecher zu beten oder zu opfern. Inschriftenträger sind Grabwände, ab dem MR auch Stelen und Felswände, seit dem NR auch Tem…