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Dekadenz

(1,277 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDie seit Polybios unter antiken Historikern geläufige Idee, dass Reiche und Kulturen nach ihrem Aufstieg zu Macht und Größe notwendig einem Niedergang unterworfen seien, wurde im Humanismus wiederentdeckt und neu formuliert. Bis um 1800 blieb »D.« (dt. erstmals um 1700; lat. inclinatio, ruina, depravatio; ital. decadenza, declino, caduta; franz. déclin, décadence; engl. decline) daher eine Grundkategorie politischer, sozialer und ästhetischer Diskurse. Als konstitutives Element einer zyklischen Vorstellung von Geschichte bezeichnete der Begriff die allm…
Date: 2019-11-19

Spinozismus

(1,344 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDas seit 1699 belegte, aber offenbar ältere Wort S. war im 17. und 18. Jh. in vielen europ. Sprachen ein unspezifischer Sammelbegriff für alle Positionen, die man mit den Lehren des niederl.-jüd. Philosophen Baruch de Spinoza (1632–1677) in Verbindung brachte. Als Spinozisten (= St.) bezeichnete man Denker, die sich zu diesen Lehren bekannten oder denen man unterstellte, dies zu tun. Beide Begriffe waren mithin Fremdbezeichnungen und wurden fast durchwegs polemisch gebraucht, da unter den Zeitgenossen Einigkeit herrschte, dass Spinozas Philosophie zu Materialismu…
Date: 2019-11-19

Klub

(1,230 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und PhänomenK. entwickelten sich seit dem 16. Jh. als spezifisch brit. Form urbaner Geselligkeit. Die exzentrische Bezeichnung – das Wort club (von to clump, »zusammenballen«) kann »Keule«, »Anteil an der (gemeinsamen) Zeche« und »Vereinigung« bedeuten – lässt den exklusiven, männerbündischen Charakter dieser Vereinigungen erahnen, in denen Gentlemen unter sich waren und Frauen so gut wie keinen Zutritt hatten. Von traditionellen Formen der Vergesellschaftung (z. B. Bruderschaften, Zünften, Sekten oder Akademien) unterschie…
Date: 2019-11-19

Verstellung

(2,056 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und ÜberblickV. wurde in der Nz. in den meisten europ. Kultursprachen mit den seit Cicero geläufigen, durch Tacitus prominenten lat. Begriffen simulatio und dissimulatio benannt. Meinte Letzterer das Verbergen der eigenen An- und Absichten, bezeichnete Ersterer das Vortäuschen anderer als der tatsächlich gehegten Gedanken und Pläne. Obwohl V. als Lüge streng verpönt war – die Wahrheit zu sagen, war gleichermaßen Gebot christlicher Moral, adliger Ehre, vasallischer Treue wie kaufmännischer Kreditwürdigkeit –, blieb sie als ein Modus vornehme…
Date: 2019-11-19

Philologie

(2,119 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer von Platon geprägte Begriff Ph. (griech. philología = »Freundschaft zum Wort/Gedanken«) war schon im 1. Jh. v. Chr. zu einem Synonym für Gelehrsamkeit schlechthin geworden, sofern diese auf sprachlich-lit. Gebiet lag. Unter einem Philologen (griech. philólogos) verstand man einen Spezialisten für Grammatik ( grammatikós) bzw. für Sprach- und Literaturkritik ( kritikós), der es verstand, Texte auf sprachliche Korrektheit zu prüfen und ggf. zu verbessern. Ph. war insofern ein Synonym für Textkritik bzw. für jene Fächer der Artes liberales (v. a. Grammatik, R…
Date: 2019-11-19

Wegestreit

(955 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und ProblemDer Begriff W. subsumiert mehrere durchaus unterschiedliche gelehrte Debatten, die zwischen dem frühen 14. und dem späten 15. Jh. an europ.Universitäten, v. a. an denen des Alten Reiches, um die richtigen Methoden des Lehrens und Lernens, bes. im Bereich der Logik und Metaphysik, geführt wurden. Die (moderne) Bezeichnung W. erklärt sich aus der Tatsache, dass eine Methode vor 1500 meist als »Weg« (lat. via) bezeichnet wurde. Man benannte sie entweder nach dem Schulhaupt, das sie beispielhaft vertrat (z. B. via Thomae/»Methode des Thomas von Aquin« oder via S…
Date: 2019-11-19

Pädagogik

(3,434 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffP., nicht identisch mit Bildung, ist die Kunst, die in einer Gesellschaft geltenden Normen zu vermitteln und einzuüben. Von Erziehung unterscheidet sie sich durch den Anspruch auf ein theoretisch fundiertes, planmäßiges Vorgehen im Hinblick auf einen erklärten Endzweck. So bezeichnete der erstmals in Platons Staat belegte griech. Begriff paidagōgía die »Führung [und Unterweisung] von Knaben« im Sinne eines bestimmten polit.-moralischen Staatsziels, also die Tätigkeit des Pädagogen ( paidagōgós) – im Gegensatz zu dem älteren paideía, der Bildung im Allgemeinen…
Date: 2019-11-19

Altertumskunde

(1,975 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und Form Der durch die berühmte, aber nur ganz fragmentarisch erhaltene antiquarische Schrift Antiquitatum rerum humanarum et divinarum (»Altertümer menschlicher und göttlicher Institutionen«) des röm. Gelehrten Marcus Terentius Varro (116–27 v.Chr.) geläufige lat. Begriff antiquitates (franz. antiquités, engl. antiquities, »Antiquitäten« bzw. »Alterthümer«) wurde vor 1800 synonym mit Archäologie verwendet. Er bezeichnete schriftliche Nachrichten oder materiale Überreste (wie Münzen, Monumente, Kunst- und Gebrauchsgegenstän…
Date: 2019-11-19

Zivilisation

(1,332 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer im Französischen wie im Englischen kurz nach 1750 aufkommende, bis 1820 in allen westeurop. Sprachen etablierte Begriff Z. (franz. civilisation, engl. civilis/zation, ital. civilizzazione, span. civilisación) bezeichnet ein Ideal der Aufklärung: ein Gemeinwesen, das aufgeklärte Werte – von polit. Freiheit über eine moderne Ökonomie bis zu Humanität, Bildung und Urbanität – so weit wie möglich verwirklicht hat und sie immer weiter perfektioniert. Z. war (und ist) insofern kein empirisches Faktum, sondern ein Leitwert bzw. ein ideologisches Programm, das s…
Date: 2019-11-19

Mythologie

(1,859 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und PhänomenDer in alle europ. Sprachen übernommene griech. Begriff Mythos deckte schon in der Antike ein Wortfeld ab, das von »Wort« und »Gedanke« über »Nachricht« bis zu »(erfundene, unwahre) Geschichte« reichte. Seit Platon konkretisierte sich seine Bedeutung zu »Götter- und Heroengeschichte« [13. 181]. Entsprechend verstand man unter M. in der Nz. fast durchweg das Wissen um die griech.-röm. Götterwelt (Antike Religionen), wie man sie bei Dichtern wie Homer und Hesiod, den griech. Tragikern, bei Vergil oder Ovid dargestellt, bei Varro beschrieben und in Skulpt…
Date: 2019-11-19

Textkritik

(1,914 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff Als eine Teildisziplin der Philologie bzw. der Altertumswissenschaft sowie der Bibelkritik und Exegese ist T. die Summe aller Methoden und Techniken, um überlieferte Texte in ihrer (möglichst) originalen Form wiederherzustellen. Dabei wirkt sie integral mit der Hermeneutik zusammen. Zugrunde liegt ihr die histor. Erkenntnis des Humanismus, dass Texte im Laufe ihrer Überlieferung absichtsvoll oder unwillkürlich verändert werden. T. will diese späteren Zusätze und Veränderungen rückgängig machen. Sie ist insofern an sich schon eine Kritik an der Tradition.Gerrit …
Date: 2020-11-18

Temperament

(893 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ModellDas Modell der vier T. (von lat. temperamentum, »richtige Mischung«) blieb in der Nz. – wie schon in Antike und MA – das gebräuchlichste Schema, den Charakter von Individuen zu beschreiben. Die von Aristoteles und Galen vollendete antike Einteilung in vier Grundtypen – den Sanguiniker, den Melancholiker (Melancholie), den Choleriker und den Phlegmatiker – stellte die Kategorien bereit, als deren je spezifische Kombination das einzelne Subjekt erklärt wurde. Zwar sei, so formulierte Freiherr von Knigge 1788, »mehrentheils in dem Segelwerke jedes Erdensohns ei…
Date: 2019-11-19

Dame

(1,446 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer nach 1650 aus dem franz. dame bzw. dem ital. dama oder donna ins Deutsche übernommene Begriff ist von lat. domina (»Herrin«) abgeleitet. Synonyme für »Herrin« sind auch seine Entsprechungen im Spanischen ( señora) und Englischen ( lady, von angelsächs. hlafdige = »Brotherrin«). Als höfischer Titel wurde er meist in Verbindung mit dem Possessiv »mein«, ma bzw. my, gebraucht ( Madame, Madonna, My Lady bzw. Milady). Beim Schach- und beim Kartenspiel bezeichnet D. die zweitwichtigste Figur oder Karte [1].Gerrit Walther2. TrägerinnenPrinzipiell war der Titel D. der …
Date: 2019-11-19

Charakter

(1,240 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffZu Beginn der Nz. besaß der griech. Begriff charakt椃r (»Gepräge« bzw. »Prägung«), den erst Kirchenväter wie Augustinus in die lat. Literatursprache eingeführt hatten, einen technisch-abstrakten Sinn. Wie schon bei dem Aristoteles-Schüler Theophrast bezeichnete er gleichermaßen ein unveränderliches Merkmal, Erkennungszeichen oder Symbol und eine vorherrschende moralische Eigenschaft [5]. Die Kombination beider Motive erwies sich als so anregend und fruchtbar, dass »Ch.« bis zum Ende des 18. Jh.s in den europ. Kultursprachen einen ra…
Date: 2019-11-19

Humanismus

(9,746 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ÜberblickH. bezeichnet die vor der Aufklärung wichtigste und wirkungsmächtigste europ. Bildungs-Bewegung der Nz. Sie entstand im Italien des 14. und 15. Jh.s und verbreitete sich bis zur Mitte des 16. Jh.s im ganzen Abendland. Ihr Ziel war ein ästhetisches: die Wiederherstellung der Literatur, Künste und Wissenschaften des Altertums, vornehmlich der röm. Kultur zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr., die den Humanisten als histor. einmaliger Höhepunkt galt. Deren Rekonstruktion werde, so hofften sie, Sprache, Geschmack, Sitte…
Date: 2020-11-18

Witz

(1,818 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer Begriff W. (von mhdt. witze, »Verstand«, »Einsicht«, »Klugheit«; lat. ingenium, ital. ingegno, span. ingenio, engl. wit, franz. esprit) meinte in der Nz. die Kunst, scheinbar disparate Gedanken und Ideen auf eine überraschende Weise zu verknüpfen und in eine Formulierung zu fassen, die den Hörer bzw. Leser durch geistreiche Knappheit verblüffte und spontan überzeugte [1. 874]; [10. 7 f.]. So galt W. als eine Grundbedingung geistiger Produktivität, als ein Kernelement kultivierter Konversation und pragmatischer Klugheit. Daher war er seit dem 17. Jh. eine…
Date: 2019-11-19

Tacitismus

(1,398 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und BeginnDer 1921 geprägte Begriff T. beschreibt einen spezifischen Stil polit.-weltanschaulicher Skepsis, der sich von etwa 1570 bis etwa 1650 an den Werken des röm. Historikers Publius Cornelius Tacitus (= Tc.; um 100 n. Chr.) entzündete. Sein Prinzip und Leitmotiv war die similitudo temporum (»Ähnlichkeit der Zeiten«): In den Intrigen und Machtkämpfen am röm. Kaiserhof, die Tc. als Zeichen fortschreitender polit.-moralischer Dekadenz schilderte, sahen die Zeitgenossen der Religionskriege ihre eigene Gegenwart präfiguriert. …
Date: 2019-11-19

Sittengeschichte

(1,050 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und ModelleAls S. bezeichnete man im späten 18. Jh. und im 19. Jh. jene Gattung der Kulturgeschichte, die besonderes Augenmerk auf die Sitten und den Alltag einer vergangenen Epoche, Kultur, Nation oder Gesellschaft legt. Zwar blieb der (von Kant als Gegensatz zu »Naturgeschichte« gebrauchte) Begriff auf die dt. Sprache beschränkt [3]. Das Konzept einer histor. Darstellung aber, die aus Gebräuchen und Gepflogenheiten auf den zivilisatorischen Stand und den Charakter eines größeren Kollektivs zu schließen sucht, gehörte seit dem Humanismus zum Kernbestand der nzl. Hi…
Date: 2019-11-19

Memoiren

(1,370 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und BedeutungDer vom lat. memoria bzw. franz. mémoire (»Gedächtnis«, »Erinnerung«) abgeleitete, in alle europ. Kultursprachen übernommene Plural-Begriff M. bezeichnete – wie seine lat. Pendants commentarii (»[Gerichts-]Protokoll«) und adversaria (»[Aufzeichnungen über] das vor Augen Liegende«) – einen juristischen, amtlichen oder diplomatischen Schriftsatz, der Vorgeschichte und Problematik eines zu verhandelnden Konflikts beschrieb. Auch Akademien betitelten die Publikationen ihrer Verhandlungen oft mit »M.« In …
Date: 2019-11-19

Held/in

(1,685 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ÜberblickIn allen Kulturen besitzen H. (griech. hḗrōs, lat. heros, ital. eroe, franz. héros, engl. hero) – mythische Gestalten zwischen Götter- und Menschenwelt – hohe Bedeutung für das Selbstverständnis der sie verehrenden Gruppen, Stände und Nationen. Indem H. deren Wertesystem beispielhaft verkörpern und in ihren Abenteuern siegreich vertreten, machen sie es sichtbar und attraktiv. Indem sie es zu äußerster Konsequenz steigern und dabei die Konflikte offenbaren, in die maßlose Tugend führen kann (Tragödie), korrigieren und modifizieren sie es, stärken es so…
Date: 2019-11-19

Konversation

(1,056 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer im 16. Jh. in die meisten europ. Sprachen übernommene Begriff K. (von lat. conversari, »verkehren«, »Umgang haben«; eigentlich: »gemeinsam umherschweifen«) bezeichnet ein typisches Ritual europ. Gebildeter der Nz.: das informelle Gespräch im kleinen Kreis, dessen wichtigstes Ziel es war, das jeweilige Thema möglichst gut, schön und unterhaltsam zu behandeln. Im Gegensatz zu institutionalisierten Formen der Kommunikation (etwa Verhör-, Lehr- oder Beichtgesprächen, Verhandlungen bei Hof, vor Gericht, in Rats-Gremien, kirchlichen, ständisc…
Date: 2019-11-19

Späthumanismus

(1,865 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff Als Bezeichnung einer kulturgeschichtlichen Epoche zwischen Humanismus (= Hum.) und Barock wird S. oft benutzt, aber selten definiert. Nur darin stimmen alle gängigen Verwendungen überein, ihn zugleich als soziales Phänomen und als Ensemble von Bildungsinhalten zu betrachten. In die Literaturwissenschaft eingeführt wurde der (bislang nur in der dt.sprachigen Forschung gebräuchliche) Begriff 1931 von Erich Trunz [12], der S. als »Standeskultur« zumeist protest. Gelehrter im Alten Reich um 1600 beschrieb. Der Historiker Gerhard Oestreich erweiterte und dynam…
Date: 2019-11-19

Tafelkultur

(2,508 words)

Author(s): Walther, Gerrit
01. ÜberblickGemeinsames Speisen besaß und besitzt in allen Kulturen zentrale Bedeutung. Es konstituiert Gemeinschaft und ist unerlässlicher Bestandteil von Festen, Diplomatie und Friedensfeiern, ein Ritual der Zusammengehörigkeit, Verbrüderung und Freundschaft, eine Gelegenheit zu Repräsentation und ostentativem Statuskonsum. Seit dem 15. Jh. jedoch, im Zeichen der Renaissance, änderten sich bei den europ. Eliten Stil und Wahrnehmung solcher Mahlzeiten. Zusehends suchte man sie jetzt gemäß den neuen Regeln des Geschmacks und der guten Manieren als …
Date: 2019-11-19

Größe

(1,508 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffSchon in der Antike war das Attribut der G. von Göttern, Heroen und Königen auf führende Mitglieder der Elite in Stadtstaaten und Republiken ausgedehnt und zur allgemeinen Herrschertugend erhoben worden. In der Nz. wurde G. (lat. magnificentia; ital. grandezza; span. grandeza; franz. grandeur; engl. greatness) zum Leitideal der europ. Aristokratie, zum Ziel adligen Ehrgeizes und zu einem zentralen Thema des Diskurses über den Adel. Als produktiv erwies sich dabei die Spannung zwischen dem Anspruch, dass »die Großen« (ital. i grandi; franz. les grands) von Geburt an G…
Date: 2019-11-19

Ehrgeiz

(937 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffSchon in seiner lat. Ursprungsform war ambitio ein moralisch ambivalenter Begriff. Seit Cicero meinte er nicht nur den »Umgang«, mittels dessen sich ein Amtsbewerber bei seinen Wählern bekannt machte, sondern auch ein bes. nachdrückliches, rücksichtsloses Streben nach Ämtern und Würden. Seit Augustinus stand eine solche Haltung in einem schwer überbrückbaren Gegensatz zum christl. Gebot der Demut und Bescheidenheit. Theologen aller Konfessionen missbilligten das Streben nach »eitler Ehre« (Luther). »Eergeizlich« – die um 1500 geläufige dt. Wortbildung …
Date: 2019-11-19

Bildung und Kultur

(3,427 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Epochen 1. 1. Um 1450: ein passender Beginn?Die Frage, ob um die Mitte des 15. Jh.s eine neue Epoche begonnen habe, lässt sich für die europ. Kultur- und Bildungsgeschichte klar bejahen. Mag man eine solche Festlegung aus der Perspektive anderer histor. Disziplinen, etwa der Wirtschafts-, Sozial- oder Geschlechtergeschichte, mit guten Gründen bezweifeln können, so wird ihr für den Bereich von Kultur und Bildung jeder Kenner zustimmen. Denn das moderne Epochenkonzept der »Neuzeit« ist, histor. betrachtet, nun einmal im Blick auf beide Bereiche geprägt worden. T…
Date: 2019-11-19

Numismatik

(1,608 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und BedeutungUnter N. (von lat. numisma, »Münze«) versteht man seit dem 18. Jh. die Wissenschaft, die sich mit der Bestimmung von Münzen (= M.) befasst. Man unterschied eine »bürgerliche« N., die den Metall- und Geldwert von M. zu bestimmen suchte, von einer »histor.« N., die deren geschichtliche und künstlerische Bedeutung erforschte [1]. In der Praxis allerdings verbanden sich beide Aspekte. Faszinierend wirkten alte wie neue M., weil sie vornehme Personen, Taten und Ereignisse auf edlem Material in einprägsamen Bildsymbolen und präg…
Date: 2019-11-19

Skandal

(1,162 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer Begriff S. – von griech. skándalon, »(Auslöser einer) Falle« (lat. scandalum, v. a. biblisch »Stein des Anstoßes«) – entstand im 17. Jh. im Französischen als Synonym für »(negatives) öffentliches Aufsehen« und wurde – wie das Verb »skandalisieren« (»für Aufsehen sorgen«) – von dort in die übrigen europ. Sprachen übernommen (ins Deutsche Anfang des 18. Jh.s) [4]. Er bezeichnet gleichermaßen ein aufsehenerregendes öffentliches Ereignis und dieses Aufsehen selbst, also den Diskurs darüber. Definieren lässt S. sich somit als die Summe der…
Date: 2019-11-19

Gegenaufklärung

(1,522 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und ProblemAls Synonym für Romantik ist der Begriff G. erstmals 1877 in einer Notiz Friedrich Nietzsches nachweisbar (»Der Höhe der Aufklärung entspricht die Höhe der G. in Schopenhauer und Wagner«) [16. 26]. Seit den 1950er Jahren führte Isaiah Berlin ihn als counter-enlightenment in die internationale Diskussion ein, um mit ihm – nicht ohne weltanschauliche Wertung – Gegner der Aufklärung (=Aufkl.) bzw. »Feinde der Freiheit« zu bezeichnen [9]; [11]. Seither dient G. als Sammelbezeichnung für fundamentale Kritik an der Aufkl. bzw. für das Arsenal polemischer …
Date: 2019-11-19

Uomo universale

(646 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer ital. Begriff U. U. (»Universalmensch«) bezeichnet einen Menschen, der auf allen Gebieten des Lebens, Wissens und Schaffens außergewöhnliche Fähigkeiten aufweist und Herausragendes leistet. Bekannt wurde er durch Jacob Burckhardt, der in seiner Cultur der Renaissance in Italien (1860) die Entstehung des Leitbildes eines universal begabten, universal gebildeten Subjekts als den Höhepunkt der für die Renaissance typischen »Entwicklung des Individuums« beschrieb (Individualität): »Wenn nun dieser Antrieb zur höchsten Ausbildung der Persön…
Date: 2019-11-19

Katholische Aufklärung

(1,087 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer Begriff der K. A. wurde seit dem Beginn des 20. Jh.s in der dt. Geschichtswissenschaft entwickelt und hat sich seit den 1970er Jahren als Fachterminus etabliert [3. 40–53]; [5. 76–85]. In seinem allgemeinen, heute international gebräuchlichen Sinne bezeichnet er alle bis etwa 1820 innerhalb des europ. Katholizismus unternommenen Bestrebungen, die Ideen und Errungenschaften der Aufklärung zu adaptieren und in Kultur, Bildung, Wissenschaft, Ökonomie und staatlicher Organisation umzusetzen [1]; [6]. In seiner spezifischen, in der dt. Forschung vorherr…
Date: 2021-06-18

Honnête homme, Honnête femme

(1,192 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffDer erstmals 1538 begegnende Begriff des H. H. – im Dictionarium latinogallicum definiert Robert Estienne ihn als »vornehmen Gebildeten ohne Dünkel« – wurde seit Anfang des 17. Jh.s zum Inbegriff vornehmer Weltgewandtheit, zum sozialen Leitbild der neuen,höfischen Gesellschaft des Zeitalters Ludwigs XIV. Anders als verwandte franz. Wörter wie courtisan, homme de qualité, homme de bien, homme galant oder gentilhomme war H. H. nicht sozial festgelegt, sondern in seiner männlichen wie weiblichen Form ein ständeübergreifendes Persönlichkeitsidea…
Date: 2019-11-19

Neugier

(1,369 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Problem und BegriffSein Wissen erweitern zu wollen, galt in der Nz. keineswegs prinzipiell als Tugend. Vielmehr wurde die Frage, wie weit N. (auch Curiosität, von lat. curiositas; ital. curiosità; span. curiosidad; franz. curiosité, engl. curiosity) reichen dürfe bzw. an welchen Grenzen sie Halt machen müsse, zwischen MA und Aufklärung intensiv und kontrovers diskutiert. Diese Debatte, die in so unterschiedlichen Medien wie Predigten, Disputationen, Dissertationen, Komödien und Reiseberichten geführt wurde, begleitete die Entstehung der nzl. Gelehrsamkeit, hemmte un…
Date: 2019-11-19

Bildungspolitik

(2,136 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Begriff und TrägerDer erst seit den 1960er Jahren gebräuchliche Begriff B. bezeichnet jenen Bereich der Kulturpolitik, der sich auf das Unterrichtswesen bezieht: die Bestrebungen von Obrigkeiten und Führungseliten, ihre polit. Ziele durch die Gründung und Begünstigung von Institutionen der Bildung und Ausbildung zu fördern und entsprechende oppositionelle Einrichtungen zu bekämpfen. So verstanden war B. ein wichtiger Teilbereich nzl. Politik, ein wesentliches Moment im Formationsprozess des modernen Staats, ein z…
Date: 2019-11-19

Ägyptologie

(1,347 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Theologie und SpracheAls Geburtsstunde der modernen Ä. gilt der 27. September 1822, an dem Jean François Champollion (1790–1832) vor der Pariser Académie des inscriptions et belles-lettres seinen Lettre à M. Dacier vortrug, den Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen [8]; [9]. Doch schon im 15. Jh. hatten europ. Gelehrte begonnen, über Schrift, Sprache und Kultur des alten Ägypten (=Äg.) zu forschen – allerdings meist unter der theologischen Frage nach dem Verhältnis der ägyptischen (=äg.) zur biblischen Religion. Sie knüpften an neuplatonisc…
Date: 2019-11-19

Schicksal

(1,279 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Bedeutung und BegriffDie Idee des Sch. (engl. fate, destiny; franz. fortune, destin, destinée; ital. fato, destino; span. fortuna, suerte, destino) wurde in der Nz. zu einem bevorzugten Medium, in einem säkularen Rahmen über das Verhältnis zwischen Autonomie und Notwendigkeit, also über Willens-Freiheit, und über die bewegenden Kräfte von Geschichte und Politik zu sprechen. Als ein Synonym für das je Besondere, Unverwechselbare, eventuell Unerklärliche im Lebensgang eines Charakters – sei es der eines einzelnen …
Date: 2019-11-19

Individualität

(1,716 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Allgemein 1.1. BegriffBis zum Ende des 18. Jh.s war »Individuum« bzw. »I.« (von lat. individuum; »Unteilbares«) ein Fachbegriff der Philosophie, der »kleinste Einheit« oder auch »Besonderheit« bedeuten konnte. Allgemein bezeichnete er daneben – wie bis heute in vielen europ. Sprachen – eine einzelne Sache oder Person. In Deutschland hingegen gewann er in Idealismus und Romantik ein emphatisches Pathos: I. wurde zu einem Synonym für die unverwechselbare Besonderheit einer konkreten Persönlichkeit bzw. ihren je einmaligen »Charakter«. Als einer der wichtigsten Leitbe…
Date: 2019-11-19

Moralistik

(1,269 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. BegriffBei seiner ersten Erwähnung 1690 in Antoine Furetières Dictionnaire universel meinte der Begriff moraliste (dt. »Moralist«, = Mst.) schlicht einen Autor, der moralische Fragen behandelte. Schon um 1700 aber entstand die kritisch gemeinte Nebenbedeutung »Rigorist« und wurde konkret auf Anhänger des Jansenismus gemünzt. Diderots und D'Alemberts Encyclopédie (Bd. 10) wertete den Mst. nochmals ab, indem sie ihn 1765 als eitlen, systemlosen Literaten definierte, der mehr verblüffen als aufklären wolle [9. 48–52]. Der Begriff M. hingegen scheint erst im 20. Jh…
Date: 2019-11-19

Geschichte

(4,590 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ÜberblickDas Bedürfnis, die Vergangenheit des eigenen Geschlechts, Clans, Standes, Heimatortes, Landes oder Volkes – eventuell auch jene anderer Gruppen, Völker und Kulturen – möglichst gut zu kennen und diese Kenntnis durch geschulte Spezialisten sichern und pflegen zu lassen, dürfte allen nzl. Hochkulturen gemeinsam sein (Historiographie; Historische Überlieferung). In ihnen allen nämlich besaßen Traditionen als Basis für Besitz-, Rechts- und Machtansprüche fundamentale Bedeutung. Die Formen, das Gedächtnis früherer Zeiten, Ereignisse…
Date: 2021-07-29

Geisteswissenschaften

(1,848 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Idee und Begriff Idee und Begriff der G. entstanden im Deutschland des späten 19. Jh.s. Sie erwuchsen aus der Überzeugung des Historismus, dass menschliches Wollen, Denken und Handeln nicht mit den induktiven Verfahren der Naturwissenschaften gemessen und auf allgemeine Regeln zurückgeführt werden könnten, sondern als Äußerungen einer je einzigartigen Individualität in ihren konkreten Erscheinungsformen um ihrer selbst willen studiert werden müssten. Seither versteht man unter G. die Summe jener gelehrten Disziplinen, »welche…
Date: 2019-11-19

Catholic Enlightenment

(1,174 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Term The concept of Catholic Enlightenment developed in German historiography from the early 20th century, and has since the 1970s established itself as a specialist term [3. 40–53]; [5. 76–85]. In its general and internationally current sense, it denotes all the efforts undertaken within European Catholicism before around 1820 to adapt the ideas and accomplishments of the Enlightenment and to implement them in culture, education, scholarship, economics, and political organization [1]; [6]. In the specific sense widely used in German scholarship, it refers above …
Date: 2019-10-14

Wegestreit

(947 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. DefinitionThe term Wegestreit subsumes several quite different scholarly debates that took place between the early 14th and late 15th centuries in European universities, especially those of the Holy Roman Empire, regarding correct methods of academic teaching and learning, especially in the area of logic and metaphysics. The (modern) term  Wegestreit (English “battle of the ways”) arises from the fact that, before 1500, a scholastic method was usually called a  via (way). It was named after the head of the school who exemplified it (e.g.  via Thomae/“method of Thomas…
Date: 2023-11-14

Thesaurus

(1,161 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ConceptA thesaurus (Greek/Latin “treasury”), often used synonymously with  bibliotheca or museum, was from the 16th century onwards the name or title of a work in a literary genre that claimed to compile all knowledge in a particular field, organizing it systematically and ideally also illustrating it (Knowledge, organization of; Knowledge, visualization of). The models and prototypes of the thesaurus arose in the practices of antiquarianism. They answered the Humanist (Humanism) demand to collect all…
Date: 2022-11-07

Table culture

(2,662 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. OverviewIn all cultures, eating together has been of central importance. It establishes community and is an indispensable element of festivals, diplomacy, and peace celebrations, a ritual of solidarity, fraternization, and friendship, an opportunity for extravagance (Representation) and ostentatious or conspicuous consumption. Beginning in the 15th century under the banner of the Renaissance, the style and perception of such meals changed among the elites of Europe. As a manifestation of the n…
Date: 2022-11-07

Wit

(2,002 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ConceptThe term wit (OE  gewit, “understanding,” “consciousness,” “sense”; Latin  ingenium, Italian  ingegno, Spanis  ingenio, German  Witz, French  esprit) in the early modern period denoted the art of connecting seemingly disparate thoughts and ideas in a surprising way and formulating them with ingenious pithiness such as to astound and spontaneously persuade the listener or reader [1. 874]; [10. 7 f.]. Wit was thus regarded as a basic condition of intellectual productivity and a key element of cultivated conversation and pragmatic prudence. …
Date: 2023-11-14

Anglophilia

(968 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Terminology The term  Anglophilia first appeared around 1750. It and the stronger form  Anglomania refer - from a critical distance - to the “(unsophisticated) fondness for England, the English, and all things English” [7. 18] that appeared among the continental elite after 1713 and became a general vogue in the 1730s. Admiration for English politics, economics, philosophy, science, culture, and lifestyle led to wholesale imitation, triggering one of the most momentous transfers of culture in European history.Anglophilia was a concomitant of the Enlightenment an…
Date: 2019-10-14

Epigraphy

(1,093 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Concept and functionThe term “epigraphy” (from the Greek epigraphḗ; “inscription”) first occurred in German in the 18th century, and in French not until 1838. Yet the recording, collecting, and classifying of ancient inscriptions on stone and metal is among the oldest, most widespread, and most highly regarded forms of early modern antiquarianism and archaeology. The reasons vary. When Friedrich August Wolf declared in 1807 that epigraphy “is not important in terms of beauty of form, but by virtue of …
Date: 2019-10-14

Latin studies

(1,084 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. SurveyIn the early modern period, Latin was a language in active use in diplomacy, science, and the educational system (Bildung) and was therefore a living language. This circumstance favoured the scholarly study of the language only to a certain extent. Before the 19th century, it was studied less for its own sake than for practical purposes: to be able to write and speak better, to be familiar with the (still obligatory) canon of classical literature, to understand Roman law, which was still in effect, and to share in the greatness of ancient Rome (Antiquity, reception of).Lati…
Date: 2019-10-14

Counter-Enlightenment

(1,547 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. Concept and problemThe term Counter-Enlightenment is first attested, as a synonym for Romanticism, in an 1877 note by Friedrich Nietzsche (“Der Höhe der Aufklärung entspricht die Höhe der Gegenaufklärung in Schopenhauer und Wagner”; “The peak of enlightenment corresponds to the peak of the Counter-Enlightenment in Schopenhauer and Wagner”) [16. 26]. Isaiah Berlin then introduced it to the international discourse as the Counter-Enlightenment from the 1950s, to denote - not without a philosophical value judgment - opponents of the Enlight…
Date: 2019-10-14

Philology

(2,252 words)

Author(s): Walther, Gerrit
1. ConceptThe term “philology” (Greek  philología, “love of words/thoughts,” coined by Plato) had already become synonymous with erudition per se by the 1st century BCE, where that erudition was in the field of language and literature. A philologist (Greek  philólogos) was a specialist in grammar ( grammatikós) and linguistic and literary criticism ( kritikós), capable of assessing the linguistic correctness of texts and improving them as necessary. Philology was thus also synonymous with textual criticism and the disciplines of the  artes liberales (especially gramma…
Date: 2020-10-06
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